Mit einem um 20 Millimeter erhöhten Fahrwerk will der Hersteller die Kunden abholen, die sich zu einem SUV nicht recht entschließen können, aber die höhere Sitzposition schätzen und vor Crossover-Experimenten keine Scheu haben. Äußerlich hat Infiniti viel für die Eigenständigkeit getan, was vor allem an der Frontpartie zum Ausdruck kommt. Sie ist extravagant und scharf geschnitten, die gewölbte Motorhaube und die sanft geschwungene Seitenlinie drücken Geschmeidigkeit aus.
Die Länge von 4,43 Metern sortiert den Wagen unter den Kompakten ein. Gemessen daran ist das Platzangebot für die vorderen Passagiere sehr üppig, die Sitze sind gut geschnitten und bequem. Die Cockpitarchitektur ist ausgewogen und übersichtlich, die Funktionssymbole geben keine Rätsel auf und sind gut ablesbar. Das Fondabteil ist dagegen etwas knapper bemessen, weshalb es für erwachsene Insassen dort hilfreich ist, wenn die vorne Sitzenden ihre Sesselschienen nicht komplett ausnutzen. Mit 430 Litern ist der Kofferraum überraschend groß, nur die hohe Ladekante von 80 Zentimetern ist etwas störend.
Im englischen Nissan-Werk Sunderland wird die Hochzeit gefeiert. Da treffen sich die japanische Karosserie und die schwäbische Antriebseinheit zu einem asiatisch-europäischen PS-Menü aus Sushi und Spätzle. Der Testwagen war mit einem 2,2-Liter-Dieselmotor ausgestattet, für die Kraftübertragung war ein siebengängiges Doppelkupplungsgetriebe zuständig. Der Vierzylinder leistet 125 kW / 170 PS und bringt seine maximal 350 Newtonmeter Drehmoment per Allradantrieb auf die Straße. Im Unterschied zum Schwestermodell Q30, der sowohl mit Front- als auch mit Allradantrieb lieferbar ist, setzt man beim X-Modell ausschließlich auf 4x4-Traktion. Als Alternative zum Diesel gibt es noch einen Zwei-Liter-Turbobenziner, der aber von den deutschen Kunden mit Missachtung gestraft wird.
Während die äußere Erscheinung kaum Verwechslungsmöglichkeiten mit dem Mercedes GLA bietet, sind an der Innenausstattung viele Gemeinsamkeiten erkennbar. Das fängt bei der Platzierung der Einstelltasten für die elektrischen Sitze an und hört bei den Lenkstockhebeln noch lange nicht auf. Der Joystick-artige Getriebehebel (die Parkfunktion wird per Tastendruck aktiviert) könnte ebenso gut den Stuttgarter Stern tragen wie der Zündschlüssel. Der gehörte übrigens zu den Fahrzeugen, bei denen dieser Schlüssel tatsächlich noch zum Starten benutzt werden kann.
Allerdings tut Infiniti einiges, um den Kunden den saftigen Startpreis von 44 200 Euro (in Premium-Tech-Ausstattung) schmackhaft zu machen. Der Fahrkomfort ist indes dem Preis angemessen. Außer einer etwas knurrigen Startphase gab der Diesel im Mittel- und Kurzstreckenbetrieb keinen Anlass zur Kritik. Das Geräuschniveau blieb – auch dank des serienmäßigen elektronischen Schall-Unterdrückungssystems – konsequent auf Premiumniveau. Die Durchzugskraft ist ausreichend, wenngleich beim Gasgeben ein leichtes Turboloch nicht wegzudiskutieren ist. Die Stärke des QX30 liegt eher in der gelassenen und souveränen Kraftentfaltung als im bissigen Sprint. Und mit deutlich weniger als zehn Sekunden von null auf 100 km/h zeigt er genügend Temperament für einen komfortablen Reise-Fünftürer. Wer die werksseitig angegebene Höchstgeschwindigkeit von 215 km/h nicht zu oft testet, kann beim Durchschnittsverbrauch mit einer sechs vor dem Komma rechnen, die 4,9 Liter aus dem Prospekt haben für den Alltagsbetrieb keine Bedeutung.
Fazit: Selbstbewusstsein prägt den Infiniti QX30, das gilt für das Styling ebenso wie für die Preisgestaltung. Als Discountalternative zum Mercedes GLE möchte er nicht gelten, stattdessen lieber durch komfortable Ausstattung und solide Fahrleistungen überzeugen. Der Allradantrieb erweitert den Bewegungsradius und erhöht die Sicherheit auf unwirtlichen Straßen. Individualisten interessieren sich für ihn, wer lieber in der Menge abtaucht, sieht sich bei anderen Marken um. (ampnet/afb)
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