Das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP verringert die Schleudergefahr bei Kurvenfahrt und hält das Auto auch in extremen Situationen, wie Glatteis oder Nässe, in der Spur. Es erhöht die Fahrzeugsicherheit durch gezieltes Bremsen einzelner Räder, wirkt so einem Schleudern im Grenzbereich entgegen und lässt den Fahrer die Kontrolle über das Fahrzeug behalten. Ein Übersteuern wird durch Abbremsen des kurvenäußeren Vorderrads korrigiert, ein Untersteuern durch Abbremsen des kurveninneren Hinterrads. Zusätzlich kann ESP die Motorleistung drosseln, um die Fahrzeuggeschwindigkeit zu verringern.
Die Geschichte des ESP
Arjeplog, Nordschweden, im März 1994: Auf dem zugefrorenen Hornovan-See drehen zwei Mercedes-Benz Testwagen ihre Runden. Während der eine spurtreu über die Kreisbahn fährt, hat der Fahrer des zweiten Wagens deutliche Probleme, Kurs zu halten. Immer wieder bricht das Heck auf der eisglatten Piste aus, immer wieder heisst es gegenzulenken und aufs Neue zu beschleunigen. Am Rande der Teststrecke beobachten Journalisten aus aller Welt die Fahrmanöver. Sie erleben die Weltpremiere eines automobiltechnischen Meilensteins, den Mercedes-Benz und die Robert Bosch GmbH gemeinsam entwickelt haben: Im spurstabilen Versuchswagen arbeitet das aktive Fahrsicherheitssystem ESP. Das Anti-Blockier-System (ABS) ebnet dem ESP den Weg. ABS debütiert 1978 in der S-Klasse (W 116). Wenige Jahre später entsteht darauf aufbauend die Antriebs-Schlupf-Regelung (ASR, Serienstart 1981), die das Spiel der Längskräfte zwischen Reifen und Fahrbahn nicht nur beim Bremsen, sondern erstmals auch beim Beschleunigen regelt und dabei sowohl auf die Bremse als auch auf das Motormoment einwirkt. Es folgen das automatische Sperrdifferenzial (ASD, 1985) und der innovative permanente Vierradantrieb 4MATIC (1985). Gemeinsames Merkmal dieser Systeme ist es, den Radschlupf mit Hilfe moderner Mikroelektronik und Hydraulik zu erfassen und zu begrenzen, um die so genannte Längsdynamik eines Automobils zu verbessern.
Fahrsicherheit in allen Situationen
Doch damit geben sich die Mercedes-Benz Ingenieure nicht zufrieden. Ihr nächstes Ziel ist, die Fahrsicherheit in allen Situationen zu verbessern – also auch in Kurven, bei Ausweichmanövern oder bei anderen querdynamischen Fahrzeugbewegungen, die ein hohes Schleuderrisiko bergen. Deshalb startet man ein weiteres ehrgeiziges Entwicklungsprojekt: Unter dem Arbeitstitel "Querschlupfregelung" suchen die Ingenieure nach technischen Möglichkeiten, die Schleuderbewegungen eines Personenwagens zu erfassen und durch gezielte Eingriffe in Fahrwerk, Motor und Getriebe zu verringern. Nach umfangreichen Computersimulationen und Voruntersuchungen gehen 1987 die ersten Versuchswagen mit einem solchen System auf Testfahrt und spulen in den folgenden Jahren tausende Erprobungskilometer ab. Gleichzeitig beweist die Erfindung im Berliner Fahrsimulator ihre Einsatztauglichkeit: Hier schicken die Mercedes-Benz Ingenieure 80 Autofahrerinnen und Autofahrer mit Tempo 100 über eine imaginäre Landstrasse, wo in vier Kurven tückische Glatteisfallen mit einer um mehr als 70 Prozent geringeren Fahrbahnhaftung lauern. Das Testergebnis: Ohne ESP haben 78 Prozent der Testfahrer keine Chance, das Auto sicher auf Kurs zu halten und erleben bis zu drei Schleuderunfälle hintereinander. Mit Hilfe des aktiven Fahrsicherheitssystems verlaufen alle Testfahrten schleuder- und unfallfrei. Kein Wunder also, dass die Entwickler nicht länger zögern, ESP in der Praxis zu erproben. Die Serienentwicklung beginnt im Jahr 1992. Mehr als 40 Ingenieure von Mercedes-Benz und Bosch arbeiten gemeinsam an dem zukunftsweisenden Projekt, das schliesslich 1995 in den Serienstart mündet.
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