Am 15. Juni 1951 beschließt der Vorstand, ab 1952 wieder an Sportwagenrennen teilzunehmen, und gibt endgültig den Bau des „300 Super-Leicht“ in Auftrag, wie der neue Wagen zunächst getauft wird. Später kürzt man den Zusatz durch die Buchstaben SL ab – so entsteht die Typenbezeichnung 300 SL. Sein Motor M 194 ist vom Aggregat der Repräsentations-Limousine Mercedes-Benz 300 und dem sportlich-eleganten Zweitürer 300 S abgeleitet. Für den Einsatz im Rennsportwagen steigern die Ingenieure die Leistung auf rund 170 PS (125 kW). Der Sportmotor unterscheidet sich von den Motoren der Typen 300 und 300 S aber nicht nur in der Leistung, sondern auch durch den Einbau im Winkel von 50 Grad nach links liegend sowie durch eine Trockensumpfschmierung, die aufgrund des Wegfalls einer Ölwanne einen tieferen Einbau ermöglicht. Gewichtseinsparungen sind bei Motor und Getriebe des heranreifenden W 194 kaum möglich. Auch die ebenfalls vom Typ 300 übernommenen Achsen aus Stahl wiegen schwer. So kann nur noch im Rahmen und in der Karosserie Gewicht gespart werden. Eine weitere Option zur Wettbewerbsfähigkeit ist es, einen möglichst windschlüpfigen Aufbau zu finden. Rudolf Uhlenhaut, zu diesem Zeitpunkt Leiter des Pkw-Versuchs bei Daimler-Benz, nimmt daher seine Idee eines leichten Rohrrahmens wieder auf. Diese Idee entwickeln die Konstrukteure bis zur Vollendung weiter. Es entsteht ein leichter, aus sehr dünnen hoch legierten Stahlrohren zu Dreiecken zusammengesetzter, extrem verwindungssteifer Gitterrohrrahmen, dessen Rohrelemente nur auf Druck und Zug beansprucht werden. Er wiegt lediglich 50 Kilogramm und wird zum Rückgrat des W 194. Mit dem Aluminium-Aufbau geben sich die Karosseriebauer in Untertürkheim und Sindelfingen besondere Mühe. Das Passagierabteil fällt so schmal wie möglich aus. Die Türen sind ein Kapitel für sich: Um dem Gitterrohrrahmen höchste Stabilität zu geben, muss er im Bereich der Fahrgastzelle möglichst breit gestaltet sein. Diese Notwendigkeit führt zu den spektakulären und später so berühmten Flügeltüren. Der Ur-SL, Fahrgestell-Nummer 194 010 00001/52, absolviert die ersten Probefahrten im November 1951 auf der Solitude-Rennstrecke vor den Toren Stuttgarts, auf dem Nürburgring und dem Hockenheimring. Am 12. März 1952 wird einer staunenden Presse der Mercedes-Benz 300 SL Rennsportwagen, der ungewohnt glatt und niedrig daherkommt – er ist nur 1225 Millimeter hoch – auf der Autobahn zwischen Stuttgart und Heilbronn vorgestellt. Insgesamt werden für die Saison 1952 zehn Fahrzeuge des Typs W 194 gebaut. Nach dem Einsatz in Le Mans sollen sie bei einem Sportwagenrennen auf dem Nürburgring starten. Das Jahr 1952 ist für die Mercedes-Benz Rennabteilung außerordentlich erfolgreich: Die Ergebnisse der Einsätze des 300 SL lauten: Plätze zwei und vier bei der Mille Miglia, Dreifachsieg beim Preis von Bern für Sportwagen, Doppelsieg bei den 24 Stunden von Le Mans, Vierfachsieg beim Großen Jubiläumspreis vom Nürburgring. Das letzte große Abenteuer der Saison ist die Teilnahme an der 3. Carrera Panamericana in Mexiko, einem strapaziösen Langstreckenrennen über 3.100 Kilometer durch Mexiko, in fünf Tagen und acht Etappen. Mercedes-Benz setzt zwei Coupés und zwei Roadster ein, die Motorleistung ist mittlerweile auf 180 PS (132 kW) gestiegen. Die Wagen von Karl Kling und Hans Klenk sowie Hermann Lang und Erwin Grupp fahren im November 1952 einen legendären Doppelsieg für Mercedes-Benz ins Ziel. Der 300 SL wird für die Rennsaison 1953 überarbeitet. Als elfter gebauter SL erhält er die Nummer W 194/11. Die Karosserie besteht nun vollständig aus Magnesiumblech, das noch leichter als Aluminium ist. Sie gewinnt im Windkanal, besonders im Bugbereich. Auch die Motorleistung steigt. Unter anderem dank Benzineinspritzung kommt der Sechszylinder auf eine Leistung von 215 PS (158 kW). Zum Renneinsatz kommt dieser weiterentwickelte 300 SL – intern liebevoll aufgrund der Frontgestaltung als „Hobel“ bezeichnet – nicht mehr.
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