Donnerstag, 19. August 2004 70 Jahre Mercedes-Benz Rekordwagen
Von Rudolf Caracciola Rennlimousine genannt: Der Rekordwagen Mercedes-Benz W 25, 1934.
Die Liste der Schnellsten zu Lande liest sich in den 1920er und 1930er Jahren recht anglophon: Männer wie Malcolm Campbell, Henry Segrave, Parry Thomas, Frank Lockhart, John Cobb oder George Eyston wechseln einander bei den Bestmarken und in den Schlagzeilen ab. Seitdem Werksfahrer Victor Héméry am 8. November 1909 auf der britischen Nationalstrecke Brooklands mit seinem 200 PS starken "Blitzen-Benz" über die fliegende Meile zum ersten Mal die magische Mauer von 200 km/h überwand, gab es keinen entsprechenden Erfolg mehr bei Benz und Daimler und auch der nachfolgenden Daimler-Benz AG, zumal die vorhandenen mitteleuropäischen Fahrbahnen für die hohen Geschwindigkeiten nicht geeignet sind. 1934 jedoch beginnen Auto Union und Mercedes-Benz ihre Konkurrenz auf den Grand-Prix-Pisten mit dem Ringen um Rekorde geradeaus fortzusetzen.
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Der Rekordwagen selbst ist in jenen Jahren ein Instrument, das - vor allem mit Hilfe des Windkanals - perfekt auf seinen besonderen Zweck zugeschnitten wird. Der W 25, mit dem Mercedes-Benz Ende 1934 als Replik auf den Einstunden-Rekord von Auto Union, im ungarischen Gyon, in der Klasse C (drei bis fünf Liter Hubraum) den Wettkampf eröffnet (gefahren auf der Avus, mit 317,5 bzw. 316,6 km/h für den Kilometer bzw. die Meile mit fliegendem Start, 188,6 km/h für die Meile mit stehendem Start und 311,98 km/h über fünf fliegende Kilometer) ist noch weitgehend identisch mit dem Grand-Prix-Fahrzeug, nur dass man dem offenen Cockpit eine Haube gibt. Rudi Caracciola nennt ihn die Rennlimousine. 1939 aber ist die Spezialisierung schon so weit fortgeschritten, dass man aus dem zeitgenössischen W 154 zwei Rekord-Versionen für die Klasse D (zwei bis drei Liter Hubraum) entwickelt, ein Fahrzeug für Bestwerte mit fliegendem Start (398,2 km/h für den Kilometer, 399,6 km/h für die Meile) und eine weitere Variante mit umkleideten Rädern und einer charakteristisch eingekerbten Partie im Cockpitbereich für den Sprint aus dem Stand (175,1 km/h für den Kilometer, 204,6 km/h für die Meile). Als Konstanten bleiben die konstruktive Nachbarschaft zum jeweils aktuellen Grand-Prix-Monoposto sowie die Fahrerausstattung: Auch fürs ganz Schnelle ist Top-Pilot Rudolf Caracciola zuständig. Mit zunehmenden Geschwindigkeiten sprengen die silbernen Boliden jedoch die Kapazität der Pisten, die zur Verfügung stehen. Reichen 1934 ein glattes und gerades Stück Betonstraße im ungarischen Gyon unweit von Budapest und die Berliner Avus gerade noch so aus, müssen zwei Jahre später bereits die Autobahn Frankfurt - Heidelberg und am Ende ein ungewöhnlich breites Teilstück der neuen Autobahn Dessau - Bitterfeld herhalten.
Die Rekordwagen:
W 25 Stromlinie, 1934 Motor: Viertakt-Otto mit Kompressor, 8 Zylinder, Reihenanordnung Hubraum: 3360 Kubikzentimeter Leistung: 430 PS (316 kW) Höchstgeschwindigkeit: 318 km/h
W 25 Stromlinie, 1936 Motor: Viertakt-Otto mit zwei Kompressoren, 12 Zylinder, V-Anordnung 60 Grad Hubraum: 5577 Kubikzentimeter Leistung: 616 PS (453 kW) Höchstgeschwindigkeit: 372 km/h
W 125 Rekordversion, 1938 Motor: Viertakt-Otto mit zwei Kompressoren, 12 Zylinder, V-Anordnung 60 Grad Hubraum: 5577 Kubikzentimeter Leistung: 736 PS (541 kW) Höchstgeschwindigkeit: 433 km/h
W 154 Rekordversion, 1939 Motor: Viertakt-Otto mit zwei Kompressoren, 12 Zylinder, V-Anordnung 60 Grad Hubraum: 2963 Kubikzentimeter Leistung: 468 PS (344 kW) Höchstgeschwindigkeit: ca. 400 km/h
T 80, 1939 Motor: Viertakt-Otto mit Kompressor, Direkteinspritzung und Ladeluftkühlung, 12 Zylinder, V-Anordnung 60 Grad Hubraum: 44 500 Kubikzentimeter Leistung: 3500 PS (2574 kW) Höchstgeschwindigkeit: 650 km/h
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