Sonntag, 8. Februar 2009 Mercedes-Benz: Die GP-Rennen 1934 bis 1936
Grosser Preis von Monaco, 22. April 1935. Der spätere Sieger Luigi Fagioli überholt mit seinem Mercedes-Benz Formel-Rennwagen W 25 B Luigi
Zum Jahr 1934 tritt eine neue Formel für den Grand-Prix-Rennsport in Kraft. Die Wagen dürfen ohne Kraftstoff, Öl, Kühlmittel und Reifen maximal 750 Kilogramm schwer sein, außerdem muss die Karosserie eine Breite von mindestens 85 Zentimetern haben. Sonst ist den Boliden keine Grenze gesetzt - so schreibt es die im Oktober 1932 von der AIACR beschlossene Regelung vor. Mercedes-Benz entscheidet sich 1933, für diese Formel einen neuen Rennwagen zu entwickeln. Das ist die Rückkehr in den Spitzenrennsport nach einer Zeit der Depression.
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Grosse Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise, die Werksrennabteilung von Mercedes-Benz geschlossen – das Jahr 1932 ist keine Sternstunde für Motorsport-Aktivitäten in Deutschland gewesen. 1933 ändern sich die Rahmenbedingungen für den Motorsport in Deutschland mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten: Die NS-Regierung will die Automobilwirtschaft mit Nachdruck fördern, eignet sich die bestehenden Projekte zum Autobahnbau an, senkt die Steuern auf Neuwagen und drängt die grossen Hersteller zum Engagement im Motorsport. So entsteht auch jene Konkurrenz zwischen Mercedes-Benz und der Auto Union, die das Renngeschehen Europas in den Jahren bis 1939 prägen wird. Die Auto Union kauft das Projekt des P-Wagens von Ferdinand Porsche. Für Mercedes-Benz muss ebenfalls ein ganz neuer Wagen her. Denn die siegverwöhnten Kompressor-Rennwagen der 1920er Jahre gehören einer vergangenen Epoche an, allein ihr Gewicht macht eine Weiterentwicklung nach der neuen Grand-Prix-Regel unmöglich. Die Techniker um Chefingenieur Hans Nibel entwickeln unter Zeitdruck und ausgelegt als Monoposto einen völlig neuen Rennwagen, den Mercedes-Benz W 25. Die Monoposto-Bauform, ein für einen Fahrer ohne Mechaniker oder Beifahrer ausgelegter Wagen, ist die Karosserieform der Zukunft für die Königsklasse des Rennsports. Die Zeit der Rennen für Grand-Prix-Wagen mit zwei Sitzen und für viersitzige Tourenwagen ist vorbei. Die Kombination aus einer schlanken Karosserie, mechanisch aufgeladenem 3,4-Liter-Reihenachtzylinder, einzeln aufgehängten Rädern und Getriebe direkt auf der Hinterachse ergibt einen absoluten Siegerwagen. Der W 25 erreicht mehr als 250 km/h. Mercedes entscheidet sich beim W 25 zugleich für eine neue Karosseriefarbe: Silber. Der erste Auftritt ist für das Avus-Rennen in Berlin im Mai 1934 geplant, doch wegen technischer Probleme sagt Mercedes die Rennteilnahme ab. Somit kommt der neue Wagen erst beim Internationalen Eifelrennen am 3. Juni zum Einsatz. Der W 25 geht in silberner Livree an den Start nachdem, so die Legende, die Rennboliden auf dem Nürburgring ihrer weissen Farbe entledigt worden sind, damit sie nicht mehr als 750 kg wiegen, wie es die neue Rennformel verlangt. Das Eifelrennen 1934 ist der erste Start und gleichzeitig der erste Sieg des neuen Mercedes Formel-Rennwagens. Manfred von Brauchitsch fährt den W 25 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 122,5 km/h ins Ziel und stellt damit einen neuen Streckenrekord auf. Es bleibt auch in künftigen Rennen bei der silbernen Farbgebung, und Mercedes-Benz ist weiter auf Siegkurs. Caracciola gewinnt das Klausen-Rennen, Luigi Fagioli die Coppa Acerbo. Den Sieg von Mercedes im Grossen Preis von Italien in Monza teilen sich die beiden Fahrer: Die 1276 über die Wettbewerbsdistanz zu durchfahrenden Kurven und 928 Schikanen machen das Rennen in Monza zum schwersten der Saison 1934, und Rudolf Caracciola ist nach seinem Unfall 1933 in Monaco noch nicht fit genug, um die gesamte Zeit durchstehen zu können. Auch den GP von Spanien gewinnt Fagioli – vor Caracciola. Mercedes-Benz ist zurück an der Spitze des internationalen Rennsports. Daran lässt die Saison 1934 keinen Zweifel. Allerdings zeigt sich auch der neue Konkurrent Auto Union als starke Kraft. Darauf antworten die Stuttgarter zum Jahr 1935 mit neuen Generationen des W 25, dessen stärkste Version nun 462 PS aus 4310 ccm entwickelt. Mit diesem Wagen dominiert Mercedes die Rennsaison 1935: Caracciola hat zu seiner alten Bestform zurückgefunden und gewinnt auf dem W 25 den GP von Tripolis, das Eifelrennen, den GP von Frankreich, den GP von Belgien, den GP der Schweiz und den GP von Spanien. Er wird Europameister des Jahres 1935. Zudem siegt 1935 Fagioli im GP von Monaco, im Avus-Rennen und im GP von Barcelona. Die letzte Evolutionsstufe des W 25 kann nicht an die Erfolge von 1935 anknüpfen. In diesem Jahr gelingen Mercedes-Benz nur zwei Siege in den GP von Monaco und Tunis, beide Rennen gewinnt Rudolf Caracciola.
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