Haben sich BMW-Fahrer bislang gern mit dem Nimbus des erfolgreichen Dynamikers geschmückt, müssten sie nach der aktuellen Reithofer-Bilanz und –Prognose jetzt eher in Sack und Asche gehen. Denn BMW hat das Siegerlächeln verloren, und Reithofers Rede lässt fast nur den Schluss zu, dass bei BMW demnächst die Lichter ausgehen, wenn der Markt nicht bald wieder anzieht. Natürlich hat er das nicht gesagt, und sein langfristiger Ausblick ließ vage Hoffnung erkennen. Aber auch in dieser Hoffnung sieht Reithofer schon wieder etwas Negatives. Denn er rückt von seinem anvisierten Absatzziel 2012 ab. Statt 1,8 Millionen Fahrzeuge werden es wohl nur 1,7 Millionen. Ist das ein Grund, zu dramatisieren? Es gab Zeiten, da jubelte BMW, die 500'000 überschritten zu haben. Auch BMW-Chef Reithofer klagt also auf ziemlich hohem Niveau. Aber die Schlagzeilen in der Presse, in denen die Wahrnehmung seiner Ausführungen verdichtet wird, kommen allesamt zu dem Schluss, dass alles nur noch schlimmer werden wird. Erwartet Herr Reithofer wirklich, dass nach einer solch pessimistischen Botschaft der Kunde am nächsten Tag fröhlich zum BMW-Händler geht und sich ein neues Auto kauft? Warum verstehen viele Wirtschaftsführer einfach nicht, dass ihre Unternehmen und ihre Reden eine Vorbildfunktion haben. Ich kann als Vorstandschef nicht ständig Sparmassnahmen fordern und die Belegschaft darauf einschwören, wie schlecht die Welt um uns herum ist, aber vom Kunden erwarten, dass er zuversichtlich bleibt und sein Geld eben nicht (!) spart. Der lässt sich doch von solchem Untergangszenario anstecken und fährt seinen BMW ein paar Jahre länger. Es ist noch nicht lange her, da kamen von BMW wöchentlich nur positive Rekordmeldungen, in denen die ständigen Verkaufserfolge an allen Fronten zelebriert wurden. Das war genau die richtige Strategie, das mediale Rover-Tief vergessen zu machen und die BMW-Kunden darin zu bestärken, sich mit dem Image einer positiv tickenden Erfolgsmarke identifizieren zu können. Dass Reithofer nun so pessimistisch erscheint, ist nicht ganz nachvollziehbar. Selbst wenn alles so schlimm ist – BMW ist nicht ganz unschuldig in die Krise geraten. Heute wissen wir, dass die Markterfolge zum Beispiel in den USA auch mit fast schon unseriös berechneten Leasingkonditionen für BMW-Produkte erkauft worden sind, die heute finanziell voll durchschlagen. Auch die BMW-Strategen hätten wissen müssen, dass die Gebrauchtwagenpreise höchst volatil sind und ein Damoklesschwert für jeden Leasingvertrag bedeuten. Wenn Norbert Reithofer davon spricht, auch weiterhin die führende Premiummarke bleiben zu wollen, klingt das wie das Pfeifen im Wald. Im BMW-Vierzylinder lacht man nicht mehr über den Konkurrenten aus Ingolstadt, weil der in Sachen Wahrnehmung längst zum führenden Premiumhersteller geworden ist. Diese Wahrnehmung im Markt hat nichts mit Absatzzahlen oder harten Fakten zu tun. Wenn heute auf der Strasse querbeet Passanten befragt würden, welche Automarke toppremium sei, dürfte Audi ganz klar vorn liegen. Nicht BMW und auch nicht Mercedes-Benz. Und weil Wahrnehmung Wirklichkeit ist, wissen alle Audi-Wettbewerber, dass sie sich sehr anstrengen müssen, um in der Oberliga mitspielen zu können. Und das macht wieder die Qualität der gesamten deutschen Autoindustrie aus: dass sie auf den Weltmärkten insgesamt als Produzent der besten Autos der Welt immer noch als Massstab gilt. Und das gilt auch für die amerikanischen Marken Ford und Opel. Aber das ist eine andere Geschichte. (ar/Hans-Ulrich Wiersch)
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