Was haben Boris Becker, Bill Gates und Herbert von Karajan gemeinsam? Sie erlagen Mitte der Achtziger dem Hype um den Porsche 959. Ein fahrbares Superlativ, der erste wahre Supersportwagen der Geschichte. Porsche stellte mit dem 959 auf Basis der 911 das schnellste Serienfahrzeug seiner Zeit auf die Räder und packte alles hinein, was das Unternehmen in den ersten 35 Jahren seiner Geschichte an technologischer Erfahrung gesammelt hatte: Biturbo-Motor, Allradantrieb, Karosserie in Mischbauweise aus aramidverstärktem Kunststoff, Aluminium und Polycarbonat, 17-Zoll-Räder mit Reifendrucksensoren. Der Boxer mit 2,85 Liter Hubraum, wassergekühlten Köpfen und vier obenliegenden Nockenwellen produzierte eine unglaubliche Literleistung von 116,2 kW / 158 PS, gesamt 331 kW / 450 PS – genug, um aus dem Stand in 3,7 Sekunden Tempo 100 und 317 km/h gemessene Höchstgeschwindigkeit zu erzielen. Der 959 war ursprünglich für die Rallye gedacht und gewann 1984 prompt die Paris Dakar. Wie beim 904 forderte das Reglement eine Homologationsserie von 200 Einheiten. Die Zahl der gebauten Exemplare löst Streit bei den Gelehrten aus. Porsche kommuniziert 292, die bis 1988 entstanden. Darunter 29 in einer 1350 Kilo schweren Leichtversion. Trotz 420 000 Mark Grundpreis musste Porsche die Autos verteilen, weil Spekulanten den Preis unter der Hand bis über eine Million trieben. Ermuntert von dem 959-Hype kopierte Ferrari das Konzept des Supersportlers erfolgreich beim F40 ab 1988. Jaguar brachte 1992 schließlich den XJ 220, der 275 Einheiten nur erreichte, weil Interessenten bei der Bestellung 50 000 Pfund (rund 120 000 Mark) hinterlegen mussten, für den Endpreis von 413 000 Pfund. Es geht die Mär, dass mancher Interessent lieber die 50 000 Pfund abschrieb, als sich das unausgewogene Endprodukt mit schwierigen Fahreigenschaften und katastrophaler Verarbeitung ans Bein zu binden. Am Anfang des Porsche Carrera GT von 2003 stand ebenfalls ein Rennsportprojekt. Der V10 mit 5,7 Liter Hubraum war ursprünglich für ein LeMans-Projekt entstanden, der Einsatz des Sportprototypen schließlich verworfen. Für die Serie kombinierten die Entwickler das Triebwerk mit 450 kW / 612 PS Leistung mit dem ersten Kohlefaser-Monocoque im Serienbau. Die Karosserie bestand aus dem gleichen Material. Somit beamte sich der 1380-Kilo-Zweisitzer aus dem Stand in 9,9 Sekunden auf Tempo 200 und erreichte 334 km/h Höchstgeschwindigkeit. Porsche gibt die Zahl der in Leipzig jeweils in 175 Stunden Handarbeit gefertigten Fahrzeuge mit 1282 an, die mindestens 452 400 Euro kosteten. Mit dem 918 Spyder schließt sich vorerst der Kreis der Supersportler von Porsche. Im wahrsten Sinn des Wortes, denn am 15. Juni 2015 war die Fertigung der 918 Einheiten zum Grundpreis von 768 026 Euro abgeschlossen. Zwischen dem Vorstandsbeschluss der Serienfertigung am 28. Juli 2010 und der Präsentation 2013 entstand wiederum ein Fahrzeug voller Superlative und allem technischen Knowhow, was die Schwaben bis dahin gesammelt hatten. Als Antrieb diente erstmals nicht ein solitärer Otto-Motor, sondern eine Kombination aus Verbrenner, E-Motoren und 5,1-kW-Lithiumionen-Akku für eine Plug-in-Einheit mit 25 Kilometer rein elektrischen Betrieb. Der V8 mit 4,6 Liter Hubraum liefert 450 kW / 608 PS, der E-Motor an der Vorderachs 95 kW / 129 PS, der zweite an der Hinterachse 115 kW / 156 PS. Das summiert sich zur Systemleistung von 652 kW / 887 PS. Das Potential des 918 Spider dokumentieren weniger die 2,6 Sekunden für den Sprint aus dem Stand auf Tempo 100, noch die 345 km/h Höchstgeschwindigkeit. Am 4. September 2013 brannte der jüngste „Über-Porsche“ auf der Nordschleife des Nürburgrings eine Zeit von 6:57 Minuten in den Asphalt. Neun Jahre zuvor hatte der Carrera GT die Rekordmarke für Serienfahrzeuge mit 7:32,44 Minuten gesetzt. Noch ist vollkommen ungeklärt in welcher Form und in welchem Umfang Porsche seinen gesamten Gen-Pool beim nächsten Supersportler ausschöpft. (tl/ampnet)
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