Der 56-jährige Stracke stand erst seit April 2011 an der Spitze des Rüsselsheimer Autobauers und verantwortete damit das operative Geschäft von Opel/Vauxhall. Zum Präsidenten von GM Europe hatte man ihn erst Anfang dieses Jahres ernannt. Das Timing für Strackes Wirken war denkbar schlecht. Er übernahm Opel nicht nur nach monatelangem Gezerre um Übernahme, Verkauf und umfängliche Restrukturierungsmaßnahmen, sondern auch zu einer Zeit, in der vor allem Europa als Hauptabsatzmarkt der Rüsselsheimer in massive wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist.
„Ich verlasse diese Position im Wissen, dass Opel/Vauxhall in eine gute Zukunft steuert – und freue mich, für GM andere Aufgaben zu übernehmen“, kommentierte Stracke seinen Abgang kurz und knapp. Erst Anfang Juni hatte Stracke ein Sanierungskonzept für Opel vorgestellt; mehr als 23 neue Modelle sollten in den kommenden Jahren bis 2016 auf den Markt kommen. Ein Vertreter, in den der Konzernchef große Hoffnungen gesetzt hat, ist der aktuell vorgestellte Kleinwagen Adam. Ob das Fahrzeug ein Erfolg wird oder nicht, wird Stracke als Chef der Marke nun nicht mehr erleben. Und Erfolg braucht die Marke, und zwar schnell.
Dass GM die Geduld verlieren würde, verwundert nicht wirklich: Zu viele Signale aus Detroit erreichten in den vergangenen Monaten Europa. Nicht ohne Wirkung. Die Opelaner wirken bei Umfragen mehr oder minder desillusioniert; anfängliche Empörungen sind der Resignation gewichen. Selbst Stracke hörte wohl das nervöse Trampeln in der GM-Chefetage immer lauter werden. „Unsere Mutter ist zu recht ungeduldig mit uns. Deshalb müssen wir so schnell wie möglich wieder profitabel werden. Wir dürfen der Mutter nicht länger auf der Tasche liegen“, sagte er dieser Tage im Gespräch mit der BILD-Zeitung.
Spekuliert hatte die Branche schon länger über Strackes Abberufung. Ob man ihm allerdings Schwäche und Ideenlosigkeit im operativen Geschäft vorwerfen kann, wie geschehen, ist fraglich. Immerhin konnte Stracke nur so gut sein, wie man es in Detroit auch zuließ. Und die Weichen für Opel/Vauxhall werden nun einmal nicht in Rüsselsheim oder Zürich gestellt, sondern in Detroit. Dass sich Rüsselsheim für ihn zum Schleudersitz entwickeln könnte, hätte der 56-Jährige wissen müssen, als er im vergangenen Jahr seinen Posten als GM-Chefentwickler in der Konzernzentrale aufgab und nach Deutschland kam, um sich in die Phalanx von Carl-Peter Forster, Hans Demant und Nick Reilly einzureihen. Nur zu gut sollten ihm die Spielregeln bei GM bekennt gewesen sein. Immerhin gehört er seit 1979 dazu. (Auto-Reporter.NET/arie)
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