Sonntag, 6. Juli 2008 Carl Benz und der schnelllaufende Viertaktmotor
 Gewaltig: Motor des Rekordwagens Benz 200 PS Blitzen-Benz (1909) mit 21,5 Liter Hubraum, verteilt auf vier Zylinder.
Bevor Carl Benz im Jahr 1886 seinen Patent-Motorwagen mit einem Verbrennungsmotor baut, liefert er Zweitaktmaschinen für den Stationäreinsatz. 1885 entsteht in seiner Werkstatt dann die erste Fahrzeugmaschine nach dem Viertaktprinzip. Im Januar 1886 reicht Benz das Patent für sein dreirädriges "Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb" ein, das im November desselben Jahres erteilt wird (DRP Nr. 37435). Der wassergekühlte Einzylinder-Viertaktmotor leistet 0,75 PS (0,66 kW) bei 400/min aus 0,95 Liter Hubraum (Bohrung 90 Millimeter x Hub 150 Millimeter). Bald schon wächst die Motorleistung auf 3 PS (2,2 kW) im Patent-Motorwagens Modell 3.
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Die Suche nach höherer Leistung ist auch der Grund für die Konzeption eines Zweizylinders im Jahr 1897. Der Prototyp hat parallel gekuppelte Zylinder (Zwillingsmotor) und ähnelt den späteren Reihenmotoren. Er bleibt zunächst nur ein Entwurf. Denn Benz entwickelt einen Zweizylindermotor mit liegenden Zylindern zur Serienreife, deren gegenläufig arbeitende Kolben auf eine gemeinsame Kurbelwelle wirken. Benz nennt diese Bauart "Contra-Motor", heute ist sie als Boxerprinzip bekannt. Eine erste 4,2-Liter-Variante wird 1898 in Omnibusse eingebaut. Im Benz Dos-à-Dos debütieren schliesslich 1899 die 1,7-Liter- und 2,7-Liter-Aggregate mit einer Leistung von 5 PS (4 kW) und 8 PS (5,9 kW). Anfang Oktober 1902 wird der Typ Parsifal vorgestellt. Er hat Kardanantrieb und einen vorn eingebauten Motor, je nach Ausführung in Zwillings- oder Reihenvierzylinderbauweise. Die Zweizylindermotoren sind mit Spritzdüsenvergaser, automatischen Einlassventilen, seitlich stehenden Auslassventilen und einer seitlichen Nockenwelle ausgestattet. Die langhubigen Motoren haben Hubräume von 1,5 bis 2,3 Liter. Spitzenmodell ist der Parsifal 35 PS mit einem Vierzylinder-Motor und 5,9 Liter Hubraum.
Vierventiltechnik für Benz-Rennwagen
Die Generation der Benz-Wagen nach dem Parsifal hat Motoren mit Doppelzündung, seitlich stehenden Ventilen in T-Anordnung und Spritzdüsenvergaser. Die 1905 vorgestellten Typen reichen vom Benz 18 PS mit 3,2 Liter Hubraum und 18 PS (13 kW) bei 1400/min bis zum Benz 35/40 PS mit 5,9 Liter Hubraum, der seine Maximalleistung von 35 bis 40 PS (26 kW bis 29 kW) bei 1350/min erreicht. Für die Prinz-Heinrich-Fahrt des Jahres1910 entstehen zwei Benz-Rennwagen, deren Motoren mit Vierventiltechnik ausgerüstet sind. Sowohl das 5,8-Liter-Triebwerk (80 PS/59 kW bei 2500/min) wie auch der 7,3-Liter-Motor (100 PS/74 kW bei 2500/min) haben vier in V-Form schräg hängende Ventile je Zylinder. Ein Vierzylindermotor treibt auch den Benz 200 PS an, den Rekordwagen mit dem populären Namen "Blitzen-Benz". Der Motor leistet aus 21,5 Liter Hubraum 200 PS (147 kW) bei 1600/min. Bei einem Rekordversuch auf der Rennbahn von Brooklands überschreitet der Fahrer Fritz Erle 1909 mit dem Blitzen-Benz erstmals die Marke von 200 km/h. Es folgen weitere Rekorde, und viele Jahre lang ist der Wagen das schnellste Fahrzeug der Welt.
Reihensechszylinder und Flugzeugmotoren
Benz & Cie. baut auch nach dem Ottoverfahren arbeitende Flugmotoren, beispielsweise 1912 den Typ FX. 1913 gewinnt ein Benz FX 9,6-Liter-Vierzylindermotor mit einer Nennleistung von 105 PS (77 kW) den Kaiserpreis für den besten deutschen Flugmotor. Im Jahr darauf baut Benz den Typ Bz DV - Deutschlands ersten V12-Flugmotor. 1914 hält die Sechszylindertechnik Einzug in Benz-Automobile: Der Typ 21/50 PS ist der erste Personenwagen der Mannheimer Marke mit einem Reihensechszylindermotor (R6). Das Aggregat hat paarweise angeordnete Zylinder und 5,3 Liter Hubraum, aus denen es eine Leistung von 50 PS (37 kW) bei 1650/min entwickelt. Demselben Prinzip folgen spätere, leistungsstärkere Aggregate. Vor der Fusion mit der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) entwickelte Benz noch zwei weitere Sechszylindertriebwerke. 1921 entsteht ein Reihensechszylinder mit zwei Gruppen aus jeweils drei Zylindern, 1923 folgt ein R6-Aggregat mit durchgehendem Motorblock.
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