Unter den Bezeichnungen Mercedes-Benz S, SS, SSK und SSKL gehen die von 1927 an gebauten Kompressor-Modelle in die Geschichte ein. Kaum eine andere Personenwagen-Baureihe in der Automobilgeschichte kann so viele Superlative auf sich vereinen wie die S-Modelle aus Stuttgart. Kein anderes zeitgenössisches Strassenfahrzeug ist zu solchen Tempi fähig und dabei so robust, zuverlässig, standhaft und langlebig. Und kein anderes Auto strahlt noch Jahrzehnte nach seiner Bauzeit eine solche zeitlose Faszination aus wie die grossen Sechszylinder-Kompressor-Automobile von Mercedes-Benz. Mit ihnen setzt sich Ferdinand Porsche ein eindrucksvolles Konstrukteurs-Denkmal. Basierend auf dem 630 K und dessen weiterentwickeltem, auf 6,8 Liter aufgebohrten Königswellen-Sechszylinder, aber mit tiefer gelegtem Chassis, übertrifft der S seinen Vorgänger in jeder Hinsicht. Sein kopfgesteuerter Motor wuchtet ohne Kompressor-Einsatz in einer ersten Ausführung 120 PS auf die Hinterräder. Und wenn das Gaspedal über die Vollgasstellung gedrückt wird, schaltet sich der über Kegelräder angetriebene Roots-Kompressor zu, und dann darf die Mehrscheibenkupplung mächtige 180 PS übertragen. Insgesamt baut Mercedes-Benz 146 dieser faszinierenden S-Sportwagen unter der Bezeichnung 26/120/180 PS - als Rennsport-Zweisitzer, als Offener Tourenwagen oder als komfortables Cabriolet. Doch schon 1928 erscheint der 27/140/200 PS Typ SS, Werkscode W 06. Mit einer von 1:4,7 auf 1:5,2 angehobenen Verdichtung leistet der ebenfalls mit Doppelzündung (Magnet und Batterie) ausgerüstete Motor 20 PS mehr als die erste Version. 111 Käufer bringen von 1928 bis 1930 die 35'000 Reichsmark auf, die ein SS kostet. Steht das einfache S für Sport, so bedeutet das doppelte SS Super - Sport. Gegenüber dem mit Superlativen reich gesegneten S vervielfacht der SS den Faszinationsgrad: auf 7,1 Liter vergrösserter Hubraum, Leichtmetallkolben, vergrößerte Ventildurchmesser und Motorleistungen von 200, 225 und 250 PS (147, 165 und 184 kW) rechtfertigen den Begriff Super. Damals ist er der absolute Traumwagen. Zeitgenössische Sportfahrer kennen aber sogar noch eine weitere Steigerung. Gemeint ist der SSK mit einem um 45 Zentimeter gegenüber dem SS verkürztem Fahrgestell. Der 7,1-Liter Motor leistet mit eingeschaltetem Kompressor bis zu 250 PS. Eine gegenüber diesem Kraftprotz nochmals leistungsgesteigerte Version ist der Mercedes-Benz SSKL (W 06 RS) - ein reinrassiges Sportgerät mit gewaltigen 300 PS. Aufgrund zahlreicher Abspeck-Maßnahmen kommt der Wagen rund 200 Kilogramm leichter daher als der 1,7 Tonnen wiegende SSK. Seinen Zeitgenossen muss dieses Fahrzeug wie eine Höllenmaschine erscheinen. Doch seinen Fahrern beschert es Siege bei der Mille Miglia (Rudolf Caracciola, 1931) und in vielen anderen grossen Rennen der 1920er und 1930er Jahre.
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