Sonntag, 16. November 2008 Eleganz auf Rädern: Mercedes-Benz Typ 500 K
 Mercedes-Benz Typ 500 K Spezialroadster, 1936.
März 1934: Zwei sehr unterschiedliche neue Mercedes-Benz Modelle stehen im März 1934 auf der Berliner Automobilausstellung: Der Typ 130, der erste serienmässig gebaute Mercedes-Benz mit Heckmotor, der aus 1,3 Litern Hubraum und vier Zylindern 26 PS schöpft, und der Typ 500 K, ein imposanter, eleganter Sportwagen mit Achtzylinder-Kompressormotor, der mit eingeschaltetem Kompressor aus seinen 5018 Kubikzentimeter Hubraum 160 PS mobilisiert. Er ist der Nachfolger des nur ein Jahr zuvor präsentierten Typs 380 und Enkel der unbändigen, kraftstrotzenden Kompressor-Sportwagen Typen S, SS, SSK und SSKL, wahre Muscle Cars nach heutiger Lesart, die in der Rennsportwagen-Szene fast unschlagbar waren.
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Der 500 K - K wie Kompressor, zur Unterscheidung vom Typ 500 Limousine ohne Kompressor - ist in seiner Erstauflage konzipiert als eleganter zwei- bis viersitziger Sportwagen mit Roadster- oder Cabriolet-Karosserien, die im Sindelfinger Daimler-Benz Werk gebaut wurden. Mit ihm nimmt das Haus endgültig Abschied von den "Roaring Twentys" und den erwähnten "Grossen Vier", deren knüppelharte, kaum gedämpfte Fahrwerke noch Starrachsen mit Blattfedern hatten und deren Karosserien schlicht und vor allem zweckdienlich waren, um nicht zu sagen unbequem. Dieser neue Typus eines Mercedes-Benz Kompressor-Sportwagens trifft den Nerv der zahlungskräftigen Kunden, denn er bietet nicht nur vibrierende PS-Zahlen, sondern ist auch eleganter, komfortabler und handlicher als seine Vorgänger, was nicht nur den zahlreicher werdenden selbstfahrenden Damen sehr gelegen kommt. Den Grundstein für diese Wagengattung hatte Daimler-Benz schon 1933 mit dem Typ 380 gelegt, der als erster Mercedes-Benz Sportwagen ein "Vollschwingachser" war. Das bedeutete, er verwöhnte seine Insassen erstmals durch eine Einzelrad-Aufhängung, die neben der schon 1931 mit dem Typ 170 eingeführten Zweigelenk-Pendelachse als sensationelle Weltneuheit eine Doppel-Querlenker-Vorderachse zu bieten hatte. Mit dieser richtungweisenden Konstruktion werden Radführung, Federung und Dämpfung erstmals getrennt, und die Qualität des Geradeauslaufs erreicht eine neue Dimension der Präzision. Diese Vorderachse, schraubengefedert wie die Hinterachse, ist in ihren Grundzügen bis heute konstruktives Vorbild ganzer Generationen von Automobilen in aller Welt und natürlich auch im 500 K zu finden. Der Leistungshunger der Kunden lässt jedoch den mit 140 Kompressor-PS gewiss nicht notleidenden 380 schon ein Jahr nach seinem Erscheinen zum 500 K mutieren, der mit Kompressor nunmehr 160 PS leistet und auch ohne Aufladung bereits bei 3400 Umdrehungen 100 PS bietet. Je nach Kraftstoffqualität liegt die Verdichtung zwischen 1:5,5 bis zu 1:6,5. Der Kraftstoff wird den Zylindern über einen Steigstrom-Doppelvergaser zugemessen. Den zweiflügeligen Roots-Kompressor schaltet der Fahrer oder die Fahrerin über das Gaspedal zu, indem ein Druckpunkt überwunden wird. Das Viergang- oder wahlweise Fünfganggetriebe ist mit Ausnahme des ersten Gangs synchronisiert. Eine Einscheiben-Trockenkupplung verbindet Motor und Antriebsstrang, der auf die Hinterräder wirkt. Als Räder sind ausschliesslich elegant-robuste Drahtspeicherräder vorgesehen. Alles zusammen reicht für eine Spitze von 160 km/h - ein Traumwert für einen Sportwagen der Zeit. Der Verbrauch ist entsprechend, es laufen für 100 Kilometer zwischen 27 und 30 Liter durch den Vergaser. Der 110 Liter fassende Tank im Heck bietet einen ordentlichen Aktionsradius. Um den anspruchsvollen Kunden und ihren individuellen Wünschen entgegen kommen zu können, sind für den 500 K drei Fahrgestell-Varianten im Programm: Zwei lange mit jeweils 3290 Millimeter Radstand, die sich jedoch in der Aufbauplatzierung unterscheiden, und ein kurzes von 2980 Millimeter. Das hinreissendste Modell dieser Spezies ist der 1936 vorgestellte zweisitzige 500 K Spezial-Roadster. Ein Meisterwerk der Form. Er treibt dem Betrachter noch heute Tränen der Begeisterung in die Augen, steht er doch für das Lebensgefühl seiner Zeit und die Design-Vollendung der 500 K-Modelle. Sein Preis liegt mit 28'000 Reichsmark 6000 Mark über den durchschnittlichen Preisen für die einfacheren Modelle. Für diese Summe gab es auch ein gut ausgestattetes Einfamilienhaus. Das Fahrgestell mit kurzem Radstand wird nur für einige wenige Zweisitzer-Sonderaufbauten verwendet. Bei diesen Modellen steht der Kühler wieder exakt über der Vorderachse, und die Modelle heissen 500 K Sport-Roadster, Sport-Cabriolet oder Sport-Coupé. Insgesamt wurden in zwei Jahren 342 Exemplaren des 500 K gebaut. 1936 folgt der 540 K mit 180 Kompressor-PS, von dem 319 Fahrzeugen gebaut wurden.
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