Heute macht man Wasserstoff vorwiegend aus Erdgas, das ist billiger. Aber war da nicht etwas mit zu Ende gehenden fossilen Energieträgern? Mit Kostenexplosionen und unsicheren Lieferungen? Und mit Kohlendioxid, das wir angeblich vermeiden sollen? Solche kleinlichen Bedenken werden von den Verfechtern des Wasserstoff-Autoantriebs vom Tisch gewischt. Für sie hat die Wasserstoffwelt schon längst begonnen, obwohl die Forschung nach geeigneten Antrieben den Kinderschuhen noch längst nicht entwachsen ist. Den einfachsten Weg wählte BMW, das seinen 6-Liter-V12 für Wasserstoffbetrieb herrichtete und stolz berichtet, er könne serienmässig gefertigt werden. Dazu senkte man die Verdichtung von 11,3:1 auf 9,5:1 und die Leistung von 445 PS auf 260 PS. Nur zum Vergleich: Der prächtige Dreiliter-Diesel von BMW mit den beiden Abgasturboladern leistet 286 PS. Zusammen mit anderen Massnahmen konnte durch Absenken der Verdichtung beim Wasserstoff-V12 die Bildung von Stickoxid weitgehend vermieden werden. Dass dabei auch der beim Verbrennungsmotor heute erreichte Wirkungsgrad auf der Strecke bleibt, spielt keine Rolle. Hauptsache ist, das Fahrzeug kann mit Wasserstoff betrieben werden. Gibt es in der Nähe keinen, schaltet die Elektronik selbsttätig auf Benzinbetrieb um. Mit dem 74 Liter fassenden Benzintank ist dann "unbegrenzte Mobilität" möglich. Während die Brennstoffzellenfraktion zurzeit mit auf 700 bar verdichtetem, gasförmigem Wasserstoff arbeitet, wählte BMW wegen der höheren Energiedichte flüssigen Wasserstoff, der freilich nur bis minus 254 Grad Celsius flüssig bleibt, bei steigender Temperatur aber verdampft. BMW weist stolz darauf hin, dass der vakuumisolierte Wasserstofftank ein Ausdampfen des Wasserstoffs erst nach 17 Stunden nicht mehr verhindern kann. Ein zur Hälfte gefüllter Wasserstofftank entleert sich freilich nach 9 Tagen so weit, dass der Wagen noch 20 Kilometer zur nächsten Wasserstofftankstelle, wenn vorhanden, fahren kann. Aber mit Benzin geht es ja auch. Also keine Furcht davor, rettungslos liegen zu bleiben, wenn man das Auto 14 Tage lang nicht braucht. Alle übrigen Probleme des Wasserstoffs lassen wir hier unter den Tisch fallen, denn Wasserstoff als leichtestes Element im Periodensystem ist auch mit Abstand am schwierigsten zu beherrschen. Das wussten die Verfahrensingenieure schon vor annähernd 100 Jahren. Etwas weiter ist man zwar heute durchaus, aber Wasserstoff ist etwa in puncto Transport und beim täglichen Umgang vom Dieselkraftstoff und seiner Gutmütigkeit um Welten entfernt, die sich auch durch teuerste Technik nicht überwinden lassen. Das wissen auch die Wasserstoff-Protagonisten ganz genau, aber sie wollen ja in den Augen von Öffentlichkeit und unwissenden Politikern als brave Jungs dastehen, zumal sich die Säcke mit Fördergeldern nur dann öffnen. Dass es auch andere, weitaus realistischere Aussagen gibt, war kürzlich in Wolfsburg zu hören. VW-Forscher Wolfgang Steiger hält den Sprung bei der Abgasentgiftung von den Schadstoffgrenzwerten der Euro 2 zu denen der Euro 3 für grösser als den von der Euro 4 zum Wasserstoffauto. Wenn im Jahr 2020 synthetischer Dieselkraftstoff BTL, GTL, CTL flächendeckend zur Verfügung steht und sich die homogene Verbrennung praktisch ohne Schadstoffe im Abgas durchgesetzt hat, wäre es sehr fraglich, ob der Wasserstoffantrieb dagegen eine Chance hat. Den gleichen Zeitrahmen wie VW für erste kleine Serien von Brennstoffzellenautos sieht auch Toyota. Die grössten Chancen geben wir der Erfindung Rudolf Diesels, denn die hat noch ein enormes Entwicklungspotenzial und ist völlig mit der heutigen Infrastruktur der Kraftstoffverteilung zufrieden. (Entnommen aus PS-Automobilreport)
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