Montag, 11. Mai 2015 Wien 2015: Zeichen des Wandels
High-Performance-Drei-Zylinder-TSI von Volkswagen. Foto:Auto-Medienportal.Net/Volkswagen
Bisher konnte man stets auf den Gedanken kommen, ein leichter Verbrennungsduft durchzöge die prachtvollen Gänge und Säle der Wiener Hofburg, wenn einmal im Jahr die internationale Fachelite zum Motorensymposium in der österreichischen Hauptstadt zusammenkam. Im Jahr 2015, fünf Jahre vor den weitreichenden Klimaschutzzielen in den Kernmärkten Europa, China und USA, sind die Zeichen eines Wandels nicht mehr zu übersehen.
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Auch wenn die Verkaufszahlen alternativer Antriebsformen noch weit hinter den Erwartungen, vor allem denen der Politik, zurückbleiben, kann man an den Inhalten zahlreicher Vorträge und den Zahlen für die Forschung und Entwicklung ablesen, dass sich ein Wandel vollzieht. Heinz-Jakob Neußer, Volkswagen-Entwicklungsvorstand und Leiter der Aggregate-Entwicklung des Wolfsburger Konzerns, gab als letzter Redner des 36. Wiener Motorensymposiums einen Ausblick auf die künftige Mobilität und die entsprechenden notwendigen Technologien. Drei Herausforderungen haben die Niedersachsen ausgemacht: Klimaschutz und CO2-Reduzierung, die Elektromobilität und Antriebsvielfalt sowie die Digitalisierung des Automobiles. Allein 2014 wurden für dafür bereits 11,5 Milliarden Euro ausgegeben, um unter anderen 46 000 Forscher und Entwickler und noch einmal 11 000 IT-Experten weltweit einzusetzen. Seit 2006 konnte Volkswagen die CO2-Emmissionen der Neuwagenflotte um ein Viertel auf durchschnittlich 126 Gramm pro Kilometer absenken. Für nächsten fünf Jahre gibt es jedoch keine schnellen und einfachen Maßnahmen mehr, um die magische 95-Gramm-Grenze zu erreichen. Inzwischen gilt für die Optimierung der Verbrennungsmotoren: „High-Tech pur“. Deutlich wird das an einem in Entwicklung befindlichen 2,0-Liter-Hochdrehzahldiesel mit mehr als 100 kW / 136 PS pro Liter. Aufgeladen durch einen elektrischen Booster, einem verbesserten Brennverfahren und mit weiteren Maßnahmen wie neuen Werkstoffen und Beschichtungen versehen, ist man bereits bei 600 Newtonmetern und 221 kW / 300 PS angelangt. Und selbst das dürfte auf dem Weg zur Serienreife nur ein Zwischenstand sein. Gerade mit der Hälfte Hubraum kommt ein neuer High-Performance-Drei-Zylinder-TSI aus. Der Ergebnis: 193 kW / 262 PS und 270 Nm Drehmoment aus nur einem Liter Hubraum.
Trotz alledem unterstrich Neußer: „Volkswagen glaubt fest an die E-Mobilität. Wir brauchen sie, um die weltweiten CO2-Vorgaben zu erfüllen und wir sind sicher, dass sie sich langfristig durchsetzen wird.“ Mit den inzwischen zehn voll oder teils elektrisch angetriebenen Fahrzeugen sieht sich der Wolfsburger Konzern für die nächsten Jahre gut aufgestellt und erwartet kurzfristig eine Zunahme der Energiedichte der eingebauten Batterien um beinahe 50 Prozent. Damit käme ein E-Golf rund 300 Kilometer weit und würde sich somit für einen interurbanen Verkehr eignen.
Im Rahmen der Digitalisierung der Fahrzeuge spricht man in Wolfsburg inzwischen über „Daten, als das neue Öl der Automobilindustrie“, so Neußer in Wien. Er erinnerte an die Sensorik moderner Fahrzeuge und versichert: „diese Daten werden wir nicht aus der Hand geben“. Schließlich sind neben dem automatisierten Fahren ganz neue Geschäftsmodelle und digitale Dienste für die Hersteller denkbar. Für Mercedes-Benz verdeutlichte Thomas Weber, Vorstand der Daimler AG für Konzernforschung und Entwicklung, dass die Schwaben zu der Überzeugung gelangt sind, daß das Auto neben dem Zuhause und dem Büro einfach der dritte Platz für den modernen Menschen bleiben wird. Dann aber nicht mehr als Fahrer sondern als Nutzer einer autonom fahrenden (Luxus-)Lounge. Seit dem im Januar präsentierten Forschungsfahrzeug F 015 dürfte dieser Traum, das Automobil zu einem Ort der Entspannung, zur Not aber auch des produktiven Arbeitens zu machen, ein gutes Stück der zukünftigen Realität näher gekommen sein. (ampnet/av)
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