Montag, 17. November 2008 Was ist dran an alternativen Autoantrieben?
Volkswagen Golf TwinDrive
Am 6. und 7. November veranstaltete der VDI zusammen mit VW seine Tagung "Innovative Fahrzeugantriebe" in Dresden. Diesmal ging es um Hybride, die Wasserstoff-Brennstoffzelle sowie das Elektroauto. Und was kam dabei heraus? Als der Slogan "Teller statt Tank" die Blütenträume der Politiker von biobasierten Kraftstoffen vom Tisch wischte, hatten sie schnell zwei andere Alternativen zur Hand, nämlich die Wasserstoff-Brennstoffzelle sowie - natürlich! - das Elektroauto. Zudem hatte die deutsche Automobilindustrie - wieder natürlich! - den Hybridantrieb verschlafen, und erst Toyota musste die uralte Idee wieder ans Tageslicht fördern. In Dresden brachten die Referenten all die schönen Ideen einer leuchtenden, emissionsfreien Autozukunft wieder in die Realität zurück. Dass der Hybridantrieb, die Kombination eines Verbrennungsmotors mit einem Elektroantrieb, im grossstädtischen Verkehr und auf kurzen Strecken flüssigen Kraftstoff sparen und gegen elektrischen eintauschen kann, ist bekannt.
|
Die Vorträge in Dresden zeigten, was man alles machen könnte, um den elektrischen Teil ins Auto zu integrieren. Inzwischen stellte Mercedes seinen ersten milden Hybrid im S 400 vor, der im kommenden Frühjahr angeboten werden soll. Trotz Beschränkung auf ein Minimum an Zusatzteilen und eine kleine Lithiumionen-Batterie, die elektrisches Fahren nicht erlaubt, beträgt das Mehrgewicht 75 Kilogramm. Dennoch ist die Absenkung des Verbrauchs im NEFZ auf 7,9 l/100 km für einen 3,5-Liter-V6-Ottomotor beachtlich und stellt den Ingenieuren ein hervorragendes Zeugnis aus. Aber wie senkt man den Verbrauch noch weiter? Darauf antwortete VW mit dem Twindrive-Golf, der von einem kleinen Forschungsdiesel mit 102 PS aus 1,5 Liter Hubraum angetrieben wird, drei Elektromotoren besitzt und eine LiIo-Batterie von 300 Volt mit einem 12-kWh-Energieinhalt, einer Leistung von 60 Kilowatt und einem Gewicht von etwa 150 Kilogramm. Auf einer Fahrt von Wolfsburg nach Braunschweig verbrauchte das Auto umgerechnet auf 100 Kilometer 16 Kilowattstunden Strom und 0,55 Liter Dieselkraftstoff. Auf Langstrecken, vorwiegend auf der Autobahn, haben die Ingenieure einen Kraftstoffverbrauch von 4,5 bis fünf Liter gemessen. Hier kann der Elektroantrieb nur beim Beschleunigen, am Berg oder beim Bremsen aktiv werden. Ein konventionelles Getriebe hat das Auto nicht mehr, da die elektrischen Antriebe den Schaltbereich abdecken. Von diesem Golf werden in Wolfsburg 20 Exemplare aufgebaut und sollen bis 2012 in der Hand ausgewählter Kunden ihre Eignung in der Praxis beweisen. Die Ingenieure hoffen, dass die Leistungsdichte der Batterien inzwischen angehoben werden kann, um das Gewicht zu reduzieren und die Reichweite bei rein elektrischem Fahren zu verbessern. Gegenwärtig beträgt sie je nach Fahrbedingungen zwischen 30 und 80 Kilometern. Die übrigen Referate zeigten, wie vielfältig die Kombinationsmöglichkeiten dieser Technik sind. Es gibt keine generelle Lösung. Einig ist man sich jedoch in der Batteriefrage. Solange hier keine wesentlichen Fortschritte erzielt werden, sind Zusatzgewicht und Preis zu hoch. Nur am Rande wurde die Sicherheit im Umgang mit hocheffizienten Batterien angesprochen, die den Entwicklern Sorge breitet, ebenso der erhebliche Mehrbedarf an teuren Werkstoffen wie etwa Kupfer. Das trifft natürlich auf reine Elektrofahrzeuge noch mehr zu. Dass solche Autos mit Reichweiten bis etwa 50 Kilometern heute schon möglich sind, hat Mercedes mit dem Elektro-Smart in London bewiesen. Dessen zunächst verwendete Heissbatterie wurde inzwischen durch eine LiIo-Batterie ersetzt, die etwa 6000 Euro kostet. Dieser Preis wird mit der zunehmenden Fertigung höherer Stückzahlen sinken, aber keineswegs bis auf das Niveau heutiger Bleibatterien. Wer das nicht glaubt, sollte sich den Aufwand ansehen, der bei LiIo-Batterien von der stählernen Hülle über die Temperierung bis zur Regelung getrieben werden muss. Wie man den Antrieb eines Elektroautos gestaltet, weiss man längst. Darum konzentriert sich das Interesse auf die Batterien, die für den Autoantrieb erst am Beginn ihrer Entwicklung angelangt sind. Nach VW-Forscher Wolfgang Steiger müssten sie die zehnfache Leistungsdichte heutiger Energiespeicher erreichen, um längere Fahrstrecken zuzulassen. Wie freilich eine immer grössere Zahl von Elektroautos mit Strom versorgt werden soll, steht in den Sternen. Stöpseln etwa eine Million Grossstadtbewohner ihre Batterien zwischen 18 und 19 Uhr in die Steckdosen des öffentlichen Netzes, bricht das zusammen. Und was ist mit den Laternenparkern, die nicht über ein eigenes Haus verfügen? Hier fehlt die Infrastruktur vollständig. Was sagt schliesslich der Finanzminister, wenn immer mehr Elektroautos Strom aus dem Netz ziehen? Er wird kaum die Steueraugen zudrücken, weil diese Autos ja emissionsfrei fahren. Und Strom aus regenerativen Quellen? Aus welchen? (ar)
|