Dienstag, 23. Dezember 2008 Wirtschaftlich: Diesel-Personenwagen
WIRTSCHAFTLICH: Motor und Getriebe eines Mercedes-Benz Typ 260 D, dem ersten serienmässigen Diesel-Pkw der Welt, 1936-1940.
Im Olympiajahr 1936 erscheint auf der Berliner-Automobil-Ausstellung, sorgfältig vorbereitet, der Mercedes-Benz 260 D, als erster serienmässiger Diesel-Personenwagen der Welt. Eine Sensation.
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Um den Dieselmotor für den Pkw interessant zu machen, soll er in Leistung und Drehzahl nach Auffassung seiner Väter dem Benzinmotor möglichst nahe kommen. Wohlgemerkt in der ersten Hälfte der dreissiger Jahre. Dieses Ziel liegt in Utopia, wie die Mercedes-Ingenieure bei den ersten Versuchsläufen 1933 erkennen. Wegen der deutlich höheren Verdichtung muss der Motor robuster ausgeführt sein. Das höhere Gewicht ergibt grössere Massenkräfte, ergo eine unruhigere Motorcharakteristik, die sich höchst ungünstig auf die Laufruhe des gesamten Fahrzeuges auswirkt. Der erste Versuchsmotor, ein 3,8-Liter-Sechszylinder, leistet stattliche 82 PS bei 2800 Umdrehungen. Recht flott für einen Diesel. Er benimmt sich aber im Fahrgestell des gleich grossen Benziners wie die Axt im Walde. Die Schwingungen des Motors sind nicht zu beherrschen. So geht es also nicht.
Beherrschbar: Vier Zylinder
Der entscheidende Durchbruch gelingt, als im November 1934 der Sechszylinder zum Vierzylinder mit 2,6 Liter Hubraum mutiert, das Mercedes-Benz Vorkammersystem erhält und von Bosch die Einspritzpumpe. Er leistet 45 PS bei 3200 Umdrehungen, wird in das Fahrgestell des 230 Benziners eingebaut und benimmt sich fortan manierlich. Sein Durchschnittsverbrauch liegt bei etwas mehr als 9 Litern und unterbietet damit die 13 Liter des Typs 230 erheblich. Dieselöl kostet 1935 nur 17 Pfennig, weniger als die Hälfte des Benzins.
Diesel-Freunde: Taxifahrer
Kein Wunder also, dass sich "vom Fleck weg" vor allem Taxifahrer dieses Wagens bemächtigen und den Diesel auch nicht mehr verlassen. Die Bewährung im harten Taxialltag zieht aber auch bald Privatkunden in ihren Bann und die Verkaufsräume. Es entsteht so etwas wie eine verschworene Gemeinschaft der Dieselbesitzer, denen es egal ist, dass der 260 D nicht so laufruhig und leise wie ein Benziner ist. Hauptsache wirtschaftlich und robust. 1937 wird das Karosserie-Angebot im Blick auf die Privatkundschaft erweitert. Sogar als zwei- und viertüriges Cabriolet findet der Diesel seine Freunde. Bis 1940 werden rund 2000 Stück gebaut, womit der Diesel-Pkw sich dank der Weitsicht seiner Schöpfer einen festen Platz im Mercedes-Benz Angebots-Gefüge erobert hat.
Nach dem Krieg ist Wirtschaftlichkeit mehr denn je gefragt. Der Vierzylinder-Pkw-Dieselmotor setzt bei Mercedes-Benz seinen Siegeslauf fort. 1949 im 170 D, 1952 im 170 DS. Es folgen 180 D und 190 D in der Pontonkarosserie von 1953. In der "Heckflosse", dem "Strich-Acht?" und den Nachfolgebaureihen kommt der Diesel auf immer höhere Stückzahlen und ist letztlich aus der "Mittleren" Klasse von Mercedes, der heutigen E-Klasse, nicht mehr wegzudenken. Ständige Verbesserungen, größere Hubräume und steigende Leistung, bereits 1973 immerhin 2,4 Liter und 72 PS, passen ihn ständig den Wünschen der Kunden an. Langsam kommt auch die Konkurrenz auf den Geschmack.
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