Linderung soll ein großes Facelift verschaffen, das Anklänge an den klassischen 300 SL Panamericana aufweist und nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen dürfte. Bis dahin warten die Stuttgarter noch einmal mit einem Leckerbissen auf: Die Sonderserie Mille Miglia 417 wertet den SL deutlich auf und könnte sich sogar zum Sammlerstück entwickeln. Die Modellbezeichnung ist eine Reverenz an die klassischen Sport- und Rennwagen, mit denen Mercedes-Benz einst das legendäre Straßenrennen Mille Miglia bestritten hat: 417 war die Startnummer eines serienmäßigen 300 SL, mit dem John Fitch und Kurt Gessel im Jahre 1955 den fünften Platz im Gesamtklassement errangen, zahlreiche Rennwagen hinter sich lassend. Von außen ist das Sondermodell kaum zu übersehen. Die ausschließlich in jeweils zwei Weiß- und Schwarztönen angebotene Edition verfügt über schwarze 19-Zoll-Räder vorne und erstmals über 20-Zoll-Räder hinten. Rote Akzente an der Frontschürze erinnern an den kompakten A 250 Sport, und der Roadster ist innen wie außen mit Emblemen übersät. Der im Kontext des normalen SL kitschig wirkende Schriftzug auf dem Lenkrad darf hier als historische Reminiszenz gelten. Ingesamt ist das Interieur zwar nicht gerade diskret, dafür aber sehr liebevoll gestaltet und verarbeitet.
Einen Teil des Reizes eines SL macht das Offenfahren aus, und so nutzt man gerne jede Gelegenheit, um das elegante Dach im Kofferraum zu verstauen. Das geht zwar relativ flott, bedarf aber trotzdem einer gewissen Planung. Denn während sich das Dach bei Konkurrenzmodellen auch noch bei 50 km/h öffnen und schließen lässt, erlaubt der SL nur Kriechgeschwindigkeit. Wenn inmitten dieser Übung die Ampel auf Grün umspringt, hält sich die Bewunderung des nachfolgenden Verkehrs in Grenzen. Der aggressive optische Auftritt des Sondermodells korrespondiert nur teilweise mit seinen Fahreigenschaften. Zwar stürmt der SL 500 in eindrucksvollen 4,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h, und die Höchstgeschwindigkeit von abgeregelten 250 km/h wird ungewöhnlich rasch erreicht. Verantwortlich dafür ist der 335 kW/455 PS starke 4,7-Liter-V8-Biturbo, der nach dem Wegfall einer regulären V12-Variante nunmehr als Spitzenmotorisierung figuriert – jedenfalls unterhalb der schärfer ausgelegten Modelle von AMG. Er liefert sattes Drehmoment und eindrucksvolle Fahrleistungen. Getriebe und Fahrverhalten werden dem sportlichen Anspruch jedoch nicht ganz gerecht. Der Auspuffklang ist eher dezent; die Gasannahme hingegen wirkt aggressiv. Dem steht ein Sieben-Gang-Wandlerautomat gegenüber, der für unseren Geschmack etwas zu träge agiert. Übrigens haben wir gut 16 Liter pro 100 Kilometer verbraucht; es ist jedoch auch möglich, den SL mit rund 10 l/100 km zu bewegen. Geradeauslauf und Lenkpräzision sind hervorragend, und die adaptive Dämpfung bietet einen exzellenten Kompromiss aus Komfort und Querdynamik. Der SL besticht durch eine Leichtfüßigkeit, die man ihm nicht ohne weiteres zutrauen würden. Doch wer ihn im weit oben liegenden Grenzbereich bewegen möchte, erlebt ruppige Übergänge zwischen Unter- und Übersteuern. Die sportlicher abgestimmten AMG-Varianten können es besser. Ein zwiespältiges Bild hinterlassen die Assistenzsysteme. Bei forcierter Gangart und raschen Spurwechseln in der Stadt wähnt sich der SL regelmäßig kurz vor dem Crash – und appliziert vollen Bremsdruck. Das lässt nicht nur den Fahrer als Amateur dastehen, sondern es führt bisweilen auch zu heiklen Situationen mit dem nachfolgenden Verkehr. Stolze 114 450 Euro werden für das Sondermodell fällig – genau 12 800 Euro mehr als für das weitaus dezentere Basismodell. Rennsport-Liebhaber dürften mit diesem faszinierenden Modell auf ihre Kosten kommen; sie sollten aber überlegen, gleich den Sprung zum schnelleren und stärkeren SL 63 AMG zu wagen – oder zum AMG GT. ampnet
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