Schon wenige Jahre nach Erscheinen des Films, als bekannt wurde, dass für die Dreharbeiten der Unfallszene ein zweites Fahrzeug eingesetzt worden war, begann die Suche nach dem Miura der Eröffnungssequenz. Fahrzeugliebhaber und Sammler aus der ganzen Welt trugen in den folgenden fünf Jahrzehnten in akribischer Suche zahlreiche, teilweise widersprüchliche Hinweise zum Verbleib des Fahrzeugs zusammen. Der aktuelle Besitzer des historischen Exemplars, The Kaiser Collection of Vaduz (Liechtenstein), verließ sich auf die fachkundige Beratung des Lamborghini Polo Storico, um Rossano Brazzis Filmfahrzeug endgültig eine Fahrgestellnummer zu geben. Dazu begab sich der Miura auf die Reise nach Sant’Agata Bolognese.
Die Rekonstruktion durch den Polo Storico startete mit den Archivunterlagen des Unternehmens und durch umfangreiche Analyse des Fahrzeugs. Anschließend wurden die Ergebnisse anhand von Aussagen von Kennern historischer Fahrzeuge und ehemaligen Mitarbeitern verifiziert, darunter Enzo Moruzzi, der das Fahrzeug seinerzeit zum Set brachte und bei sämtlichen Aufnahmen als Double am Steuer saß. Dadurch stieß der Polo Storico auf die entscheidenden, bisher fehlenden Nachweise und war in der Lage, den Miura mit Fahrgestellnummer 3586 als genau jenes Fahrzeug zu zertifizieren, das für die Dreharbeiten des Films „The Italian Job“ zum Einsatz kam. Die Identifizierung des Fahrzeugs fällt exakt mit den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum des Films zusammen, der im Juni 1969 erschienen ist.
Das Filmstudio Paramount Pictures fragte damals direkt bei Automobili Lamborghini ein Fahrzeug für die Dreharbeiten an. In Sant’Agata Bolognese fiel die Wahl auf einen orangefarbenen Miura, der bereits stark beschädigt und somit perfekt für die Unfallszene in den Abgrund geeignet war. Gleichzeitig stellte Lamborghini ein neues Fahrzeug in der gleichen Farbe für die Dreharbeiten zur Verfügung. Überbringer war Enzo Moruzzi, der sich damals oft um Fahrzeugauslieferungen an Kunden oder den Fahrzeugtransport zu den Filmsets kümmerte.
Moruzzi selbst erinnert sich: „Auf dem Band befand sich gerade ein fast fertiger Miura P 400 in der richtigen Farbe, mit Linkslenkung und weißem Lederinterieur. Er war mit dem Unfallfahrzeug äußerlich identisch und wir beschlossen, ihn für den Film zu verwenden. Unsere einzige Sorge waren die empfindlichen weißen Ledersitze, denn das Fahrzeug musste in einwandfreiem Zustand nach Sant’Agata zurückkehren. Ich gab also die Anweisung, sie auszubauen und durch schwarze Ledersitze zu ersetzen, die wir zu Testzwecken verwendeten. Nur die Kopfstützen, die beim Miura am Trennglas zwischen Innen- und Motorraum angebracht sind und nicht rechtzeitig getauscht werden konnten, haben den Trick verraten. Im Film sind tatsächlich die weißen Originalteile zu sehen.“
Nach Abschluss der Dreharbeiten und seiner Rückkehr nach Hause wurde der Miura für die Auslieferung an seinen italienischen Erstbesitzer in Rom vorbereitet. Fast 50 Jahre später, nachdem der Wagen unter zahlreichen Fahrzeugliebhabern aus Italien und dem Ausland mehrmals den Besitzer gewechselt hat, wurde er 2018 Teil der Sammlung von Fritz Kaiser aus Liechtenstein und zugleich Gründer von „The Classic Car Trust”. (ampnet/jri)
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