Samstag, 26. September 2020 Mercedes-AMG E 53 und E 63 S: Die Boliden
Mercedes-AMG E 63 S. Foto: Auto-Medienportal.Net/Daimler
Vor wenigen Monaten haben die dezenteren Varianten der E-Klasse von Mercedes-Benz eine umfangreiche Modellpflege erhalten, jetzt sind die sportlichen Spitzenmodelle an der Reihe. Mercedes-AMG lanciert die 53er- und 63er-Modelle, die mit einem 3,0-Liter-Reihen-Sechszylinder bzw. einem 4,0-Liter-V8-Motor ausgerüstet sind. Wir sind das AMG E 53 Cabriolet und die AMG E 63 S Limousine gefahren – und haben dabei durchaus unterschiedliche Charaktere kennengelernt.
Soviel vorweg: Wenn man es auf einen Vergleich anlegt, sollte man sich zunächst ans Volant eines 53er begeben. Denn der 63 S liegt in Sachen Leistung so weit oben, dass der 53er im Nachgang nur noch enttäuschen kann. Dabei ist er mit seinen 435 PS (320 kW) bereits ausgesprochen üppig motorisiert.
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Der seidenweich laufende, im hohen Drehzahlbereich leicht sägend klingende Reihen-Sechszylinder der E-53-Typen dreht ohne Anstrengung hoch, der Spurt von null auf 100 km/h wird in 4,6 Sekunden absolviert und die abgeregelte Spitze von 250 km/h wird nach relativ kurzem Anlauf erreicht. Optional sind 270 km/h möglich. Insgesamt liegt der Durchschnittsverbrauch im Zyklus bei nur 8,8 Litern pro 100 Kilometer – ein eindrucksvoller Beweis für die Effizienz der aktuellen Motorengeneration, die über eine 48-Volt-Hybridisierung verfügt. Ein Allradantrieb ist serienmäßig,
Nicht nur die Antriebsqualitäten des AMG E 53 Cabriolet sind eindrucksvoll, sondern auch Fahrwerk und Karosserie: Der Viersitzer ist verwindungssteif und so perfekt gedämmt, dass er bei geschlossenem Verdeck eigentlich kaum von einem Coupé zu unterscheiden ist. Praktischerweise lässt sich das Verdeck bis 50 km/h öffnen und schließen.
Bei geöffnetem Dach neigen die hinteren Gurte gelegentlich zum Flattern, wobei die Luftströmung gegen Aufpreis per Windschott und die kurios aussehende, jedoch sehr wirksame Windlamelle am vorderen Scheibenrahmen gesteuert werden kann.
Mit 87.690 Euro steht das AMG E 53 Cabriolet in der Preisliste – ein fairer Tarif, wie wir im Vergleich mit ähnlich stark motorisierten Cabriolets und Sportwagen finden. Das geschlossene AMG E 53 Coupé kostet 82.285 Euro, es gibt außerdem die AMG E 53 Limousine für 80.562 Euro sowie ein T-Modell für 83.835 Euro.
Deutlich teurer sind die Spitzenmodelle mit V8-Motor: 122.160 Euro verlangt AMG für die E 63 S Limousine, für das entsprechende T-Modell müssen 124.978 Euro den Besitzer wechseln. Eine Coupé- bzw. Cabrio-Version gibt es hier nicht.
Der Preissprung von mehr als 40.000 Euro erklärt sich nicht nur durch das 612 PS (450 kW) starke V8-Aggregat, sondern auch durch gravierende Änderungen an Fahrwerk und Karosserie. Schon die Frontschürze zeichnet sich durch gewaltige Lufteinlässe aus, die nicht nur dem Bedürfnis nach optischer Distinktion gerecht werden, sondern auch eine klare Funktion haben: Der doppelt aufgeladene Aggregat der Motorenbaureihe M177 benötigt reichlich Kühl- und Ansaugluft.
Vorder- und Hinterachse sind eigenständige Konstruktionen mit deutlich größerer Spurweite, die Kotflügel sind ausgestellt. Außerdem verfügen die E-63-Modelle über zahlreiche Aerodynamik-Elemente, die dazu dienen, das Fahrzeug auch im obersten Geschwindigkeitsbereich sicher auf der Straße zu halten. Und das sind beim T-Modell bis zu 290 km/h, bei der Limousine sogar glatte 300 km/h.
Die Aufzählung aller spezifischen Merkmale der AMG-63er-Modelle würde den Rahmen dieses Berichts sprengen. Zu den wichtigsten von ihnen gehören der neuentwickelte, heckbetonte Allradantrieb mit vollvariabler Momentenverteilung; eine Hochleistungsbremsanlage mit Sechs-Kolben-Sätteln vorn; eine sechsstufige Fahrdynamikregelung und ein elektronisch geregeltes Hinterachs-Differential.
Eine förmliche Technikorgie also, die erwartungsgemäß zu Fahrerlebnissen der gehobenen Kategorie führt. Auf eine kaum spürbare Turbo-Verzögerung folgt eine gewaltige Drehmomentwelle, die den E 63 in Rekordzeit nach vorn katapultiert: Der Sprint von null auf 100 km/h dauert gerade einmal 3,4 Sekunden.
Der Auspuffklang ist im Komfort-Modus eigentlich schöner und turbinenartiger und vor allem V8-typischer als in den Sport-Modi. Generell ist uns aufgefallen, dass die Zeit der übertrieben lauten AMG-Modelle der Vergangenheit angehört. Die Fahrdynamik wurde nochmals gesteigert: Auch problematische Bodenwellen werden trocken pariert, im Grenzbereich bleibt der E 63 absolut neutral oder tendiert je nach Fahrprogramm zu leichtem, gut kontrollierbaren Übersteuern.
Zum Abschluss unserer ersten Ausfahrt bleibt das Resümee: Der Achtzylinder, er passt einfach am besten zu AMG. Schade, dass es ihn nicht auch in den zweitürigen Versionen gibt. (ampnet/mkn)
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