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Donnerstag, 15. Dezember 2016 Mercedes-AMG GT R: Der Commander-in-Chief

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Mercedes-AMG GT R.  Foto: Auto-Medienportal/DaimlerMercedes-AMG GT R. Foto: Auto-Medienportal/Daimler

Als böser Traum erscheint er in einer fast schon klassischen Werbung einem jungen 911er-Fan, er lässt nicht locker und setzt schließlich zum Überholen an: Der Mercedes-AMG GT, entwickelt aus dem Supersportwagen SLS, aber etwas weniger extravagant und weniger unerreichbar. Der Bolide aus Affalterbach hat sich in kurzer Zeit einen eindrucksvollen Kreis an Liebhabern erobert; seine Form ist heute noch so frisch wie bei seinem Debüt vor zwei Jahren.

Kein Grund für AMG-Chef Tobias Moers, jetzt etwa lockerzulassen. Im Gegenteil: Es kommt Schlag auf Schlag. Neben die Rennsportvarianten gesellt sich im Frühjahr ein ausgesprochen wohlgeformter Roadster, mit knappem Stoffdach und ohne gewichtstreibenden Targa-Heckmeck. Als ultimativer GT figuriert jedoch ein wiederum anderes Modell: Der GT R, der jetzt erstmals zu fahren war. Mit deutlich mehr Leistung und in allen Belangen nachgeschärft präsentiert er sich gewissermaßen als Commander-in-Chief im AMG-Programm.

 

In den Worten des Chefs: "Er musste einfach die Speerspitze der GT-Familie werden."

Und das sieht man dem GT R schon auf den ersten Blick an – nicht nur, wenn er in der giftgrünen Kommunikationsfarbe "green hell magno" auftritt. Er ist rund sechs Zentimeter breiter als die bereits eindrucksvollen Einstiegsversionen, besitzt einen aggressiver gezeichneten Kühlergrill, verfügt über ein Heckdesign im Stil eines Rennwagens inklusive verstellbarem Heckflügel. Und er steht auf Gummiwalzen der Dimension 275/30 ZR19 vorn und 325/30 ZR 20 hinten. Dazu kommen zahlreiche Fahrwerksoptimierungen: Die Hinterachse lenkt mit, bei niedrigen Geschwindigkeiten gegenläufig zu den Vorderrädern, bei höheren Tempi in der gleichen Richtung. Die Fahrzeugstruktur ist mit Karbon-Trägern versteift.

Das alles ist weit mehr als Effekt und Schau: Die aerodynamische Feinarbeit führt dazu, dass der Auftrieb vorn bei null liegt, am Heck wird Abtrieb erzeugt. Damit ist der GT R auch bei hohen Geschwindigkeiten und auf unebener Fahrbahn extrem stabil. Gleichzeitig ist das Einlenkverhalten extrem präzise: In schnellen Kurven krallt sich der GT R förmlich in den Asphalt. Dem versierten Fahrer stehen nahezu endlose Möglichkeiten zur Verfügung – dank elektronisch geregeltem Sperrdifferential und einer Traktionskontrolle, die sich in stolzen neun Stufen verstellen lässt.

Die überlegene Querdynamik der GT R, die nochmals spürbar oberhalb der Typen GT und GT S liegt, korrespondiert auf das Harmonischste mit dem geradezu wahnwitzigen Beschleunigungsvermögen dieses jüngsten AMG-Modells. Im Vergleich zum bisherigen Spitzenmodell GT S ist die Leistung um 75 PS auf nunmehr 585 PS gestiegen. Die Hinterachse ist kürzer übersetzt, um die Dynamik zu steigern, und auch der siebten Gang ist kürzer ausgefallen als bei den anderen Modellen. Er mutiert damit vom Schon- zum echten Fahrgang. Der erste Gang wiederum ist länger übersetzt als bei den anderen GT-Modellen; auch er ist nun ein Fahrgang, der beispielsweise beim Erstürmen von Pässen in Kehren gut eingesetzt werden kann.

Um das Fahrerlebnis zu quantifizieren: Der Spurt von 0 auf 100 km/h gelingt in nur 3,6 Sekunden; die Höchstgeschwindigkeit wird erst in luftiger Höhe, nämlich bei 318 km/h, abgeregelt. Man darf davon ausgehen, dass noch deutlich mehr gehen würde.

Doch es geht auch anders: Der Zyklusverbrauch von 11,4 Litern pro 100 Kilometer beweist die Effizienz des GT R. Und trotz seines martialischen Aussehens gibt sich der GT R bisweilen erstaunlich brav und gesittet. Nämlich immer dann, wenn beim Fahrmodus-Schalter die Stufe "Comfort" ausgewählt wurde. Dann bleibt der zwangsbeatmete Vierliter-V8 leise, die Auspuffklappen schließen sich, das Fahrwerk übt Nachsicht mit den Insassen – und die Fahrdynamiksysteme gehen auf Nummer Sicher.

Zugegeben: Es ist geradezu ein Akt der Selbstverleugnung, den der Fahrer diesem Supersportwagen aufnötigt. Der GT R ist zufriedener, wenn der exakt rastende Drehschalter sich in der Position Sport+ wiederfindet. Besser noch: Race. Dann fauchen die Turbos, das Feuer tobt in den Brennräumen, und die Beschleunigungen erreichen den Raum des Surrealen. Dass bei unseren Testfahrten pro 100 Kilometer mehr als 20 Liter der kostbaren Essenz in die Brennräume befördert wurden, ist Beleg für die unwiderstehliche Faszination, die von seinem Antrieb ausgeht.

Übrigens wäre es schön, wenn das Interieur noch etwas Feinschliff erfahren hätte. Zwar sitzt man hervorragend, und die Schalterleiste am Dach erinnert an die in einem Flugzeug, aber wer genau hinschaut, erkennt allzu viele Teile aus dem Baukasten bereits verflossener Baureihen wieder.

Immerhin sind in Affalterbach die Prioritäten richtig gesetzt: Leistung zuerst. Ab März steht der Mercedes-AMG GT R bei den Händlern; er erleichtert den glücklichen Besitzer um mindestens 165 410 Euro. (ampnet/jm)

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