Während der weltgewandte, fixe Adam Wert darauf legt, dass sein Name englisch ausgesprochen wird – Ädem – wird, besteht der jüngere Bruder auf seinem kernig-deutschen Namen Karl, nicht Charles oder Charly. Karl steht für deutsche Tugenden: ehrlich, nicht aufgesetzt, funktional und flexible, nicht nur hübsch, mehr sein als scheinen, grundehrlich eben, Leben statt Lifestyle. Da ist erfolgreiche friedliche Koexistenz möglich – zu beider Nutzen. Trotz seiner Kleinwagen-Maße von 3,69 Meter Länge und 1,60 Meter Breite hat Karl seinem Bruder zwei Türen voraus. Damit haben auch die Hinterbänkler eine Chance, auf engen Innenstadt-Parkplätzen bequem einsteigen zu können. Überhaupt weisen beim Karl der Wendekreis von 9,5 Metern und der City-Modus, der das Lenken bei niedrigen Geschwindigkeiten erleichtert, auf das städtische Verkehrsbiotop als Lebensraum für den Opel Karl hin. Die 15,5 Sekunden, die er für den Standardsprint von 0 auf 100 km/h braucht, fallen in der Stadt nicht auf. Und seine Spitzengeschwindigkeit von 170 km/h wird Karl höchst selten erleben. Er gefällt lieber in der Stadt mit einer komfortabel-straffen Federung und niedrigen Fahrgeräuschen. Zumal auch bei Nutzung aller vier Sitzplätze der Kofferraum mit seinen 195 Litern Platz für den Einkauf lässt. Für die Urlaubsreise zu viert ist er sicher nicht gedacht, aber er bietet zahlreiche Ablagen auch für die Getränkeversorgung auf dem Ausflug.
Angetrieben wurde unser Testfahrzeug von einem Drei-Zylinder-Benziner mit einer Leistung von 55 kW / 75 PS in Verbindung mit einer Fünf-Gang-Schaltung. Das ist das einzige Aggregat, das Opel für seinen Karl im Angebot hat. Obwohl Opel bei diesem Motor auf Ausgleichswellen verzichtete, arbeiten die drei Zylinder zwar knurrig wie alle Dreizylinder, aber erstaunlich schwingungsarm. So hinterlässt der Motor keineswegs den Eindruck, wegen der Kosten abgespeckt zu sein. Sparsam – nicht geizig – ist er auch noch. In der Praxis nahm er sich knapp sechs Liter aus dem Tank. Dabei half auch das Stopp-Start-System, in der Nähe des Normverbrauchs von durchschnittlich 4,5 Litern auf 100 km zu bleiben. Für das angenehme Ambiente im Fahrzeug sorgen zudem die durchgehenden, fließenden Linien und die sanft gebogenen Flächen. Auch die Materialwahl (Hartplastik) stört nicht. In dieser Preisklasse rechnet noch niemand mit hinterschäumten Kunststoffen, aber mittlerweile mit einer ansehnlichen Optik. Fahrer und Beifahrer dürfen sich über gut ausgeformte Sitze freuen und auch die Hinterbänkler dürften in der Lage sein, auch größere Distanzen unbeschadet zu überstehen. Für das Wohlbefinden von Fahrer und Beifahrer sorgte die Sitzheizung, und an kälteren Tagen dürfte sich der Fahrzeuglenker auch über die Lenkradheizung freuen. Auch zeigt Karl wieder, dass er innere Größe besitzt, die nicht unbedingt an die äußere Größe gekoppelt ist, denn solche Features sind in dieser Fahrzeugklasse nicht unbedingt normal.
Wir erlebten die Exklusiv-Ausstattung. Die hat natürlich ihren (Auf-) Preis. Wie alle Kleinwagen startet auch der Karl knapp unter 10 000 Euro. Damit haben wir Karl erwischt. Denn an dieser Stelle mogelt er sich billig, wie alle anderen Kleinwagen auch. Niemand will die Einsteigerversion, auch beim Karl nicht. Vier von fünf Karl werden in der zweiten Ausstattungsstufe (Edition) verkauft. Und so erklimmt auch der Karl das in dieser Klasse übliche Preisniveau für die besser ausgestatteten Kleinen.
Doch auch im Vergleich gilt: Der Opel Karl ist ein aufrechter Kerl, der in jede Familie passt. Er sieht gut aus, drängt sich aber nicht auf. Wer so gestrickt ist, kommt als Karl einem Ädem nicht in die Quere, nicht einmal beim Parken: Karl steht vor der Schule, vorm Fußballplatz und vorm Baumarkt, Adam vor der Cocktail-Lounge oder vorm Golfplatz. (ampnet/nic)
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