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Montag, 5. Januar 2009 Karmann-Ghia: Elegante Welt von damals

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Karmann Ghia CabrioletKarmann Ghia Cabriolet

Er kam gerade zur rechten Zeit - damals, Mitte der 50er Jahre. Der Karmann-Ghia von Volkswagen, dieser betörende Zweisitzer mit den sinnlichen Linien, wurde zum Wohlstands- und Luxus-Symbol "Made in Germany" - und speziell hierzulande zum Vehikel wiedererlangten Selbstbewusstseins. Damit traf er 1955 den Nerv der bundesrepublikanischen Wirtschaftswunder-Bürger wie Helmut Rahn das ungarische Tor 1954 in Bern.

 

Zwar blieb die Wiederaufbau-Generation jener Jahre mit beiden Beinen auf dem Boden. Doch sie gönnte sich durchaus wieder was: verspielte Tüten-Lampen und messingverzierte Nierentische, oder schicke, bunt gemusterte Keramik, benannt nach italienischen Traumzielen jener Zeit - "Rimini" zum Beispiel, oder "Ravenna".
Schaumwein-Kellereien hatten Hochkonjunktur in jenen Jahren des Aufschwungs und der wiedererlangten Lebensfreude: ein Strassencafé in Berlin, Frankfurt oder München, das Glas "Henkel trocken" in graziös gespreizter Damenhand, französische Mode im aufgeschlagenen Magazin auf dem Tisch - nur ein Karmann-Ghia, möglichst im rot-weissen Livree, wie zufällig geparkt am Trottoir, machte dieses Bild perfekt.
"Elegante Welt" - so hiessen damals viel gelesene Rubriken in Illustrierten, die von einer Lebensart kündeten, die damals noch nicht "Lifestyle" hiess. Hier ging es um die Schönen und Reichen, um Sehnsüchte nach der Ferne und nach unerschwinglichem Luxus. In der Tat: Der Karmann-Ghia passte in dieses Bild und war dennoch keine Illusion. Er war - Volkswagen sei es gedankt - durchaus erschwinglich und stand dennoch für unerreichbare Traumwelten: Filmstars zeigten sich in ihm und Schlager-Sänger, Blaues Blut und Fabrikanten-Gattinnen - aber eben auch ganz gewöhnliche Menschen. Da glich das Volkswagen-Coupé dem Käfer - denn wie dieser erlaubte auch der Karmann-Ghia keine allzu tiefen Einblicke ins Portemonnaie.
Nebenbei entsprach dieses Automobil mit dem mediterranen Nachnamen der immer intensiver ausgelebten Sehnsucht nach Italien, nach südlichen Stränden, nach dolce vita.

Das bereits 1953 zu Papier gebrachte Modellkleid des Karmann-Ghia nötigte selbst den Amerikanern Hochachtung ab, obwohl in Proportion und Chrombehang die Antithese zum Straßenkreuzer jener Zeit. "Wenn es ums Aussehen geht", urteilte im April 1956 das US-Fachblatt "Road & Track" über das von ihnen "Ghia-Karmann Volkswagen" oder kurz "VW-GK" getaufte Coupé, "gibt es keinen Zweifel, dass er ein Volltreffer ist."
Über 445'000 Käufer sollten in den knapp 20 Jahren seiner Laufbahn genauso denken und sich mit einem Karmann-Ghia den ganz persönlichen Traum individueller Eleganz erfüllen. In dieser Zeit erhielt der Zweisitzer - wie der Käfer - äusserlich nur selten, innerlich dafür umso sorgfältiger Detail-Pflege. So wurde dem Coupé im September 1957 das Cabriolet zur Seite gestellt. Die modifizierte Frontpartie mit etwas nach oben verlegten Scheinwerfern kam im August 1959, rechteckige statt runde vordere Blinkleuchten zehn Jahre später. Und in seinen letzten Baujahren strafften ab August 1971 jeweils grössere Stoßstangen und Heckleuchten die etwas erschlafften Züge des mittlerweile reifen Herrn.
Analog zur technischen Evolution des Käfers profitierte auch der Zweisitzer 1960 vom Leistungszuwachs um vier auf 34 PS und 1965 vom nun 40 PS starken 1,3 Liter-Boxer. Der 1,5 Liter mit 44 PS kam im Verbund mit vorderen Scheibenbremsen und Zweikreis-Bremsanlage bereits im Folgejahr, 1970 abgelöst durch den 50 PS leistenden 1,6-Liter des damals technisch grundlegend neuen Volkswagen 1302 S.
Dass der Karmann-Ghia nicht nur für Volkswagen, sondern auch in der generellen Geschichte des Automobils zum Meilenstein geriet, hat freilich nichts mit seiner braven Technik zu tun. Vielmehr war er das erste in Grossserie gebaute Automobil Europas, das exklusiven Designer-Schick mit wirtschaftlicher Technik verknüpfte - und mit erschwinglichen Preisen. Damit bereitete der Karmann-Ghia den Pfad für alle "personal cars", die ab den 60er und 70er Jahren Märkte eroberten, seien sie von Ford (Mustang und Capri), von Opel (Manta) oder von Toyota (Celica).

von Dirk-Michael Conradt

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