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Motorsport: Heritage

Mittwoch, 1. Oktober 2008 Der schnellste Renntransporter der Welt

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Mercedes-Benz Renntransporter von 1954/55.Mercedes-Benz Renntransporter von 1954/55.

Während seiner "aktiven" Zeit von Mitte 1954 bis Herbst 1955, als Daimler-Benz sich vom Rennsport zurückzog, war der Renntransporter die Sensation auf den Strassen und Autobahnen Europas. Der Renntransporter entwickelte sich zum Star der Fahrerlager, wo er häufig mehr umlagert wurde als die Rennwagen.
Das Gespann kam als Leihgabe auch in die Vereinigten Staaten und wurde auf etlichen Ausstellungen gezeigt. Stets sorgte es für Furore. Um seine Geschwindigkeit spannten sich Legenden, bis man schliesslich an seine hinteren Kotflügel "Max. Speed 105 m.p.h." malte. Damit hörte die Fragerei auf, nicht aber das Staunen. Ende 1957 kam der schnelle Transporter zurück auf heimatlichen Boden, leicht lädiert zwar, aber immer noch in gutem Allgemeinzustand.

 

Den "Schöpfern" des Renntransporters gelang die Quadratur des Kreises: Sie kreierten ein in Optik und technischer Perfektion wahrhaft einmaliges Fahrzeug. Und lieferten der Rennabteilung exakt das, was sie brauchte: Ein unvergleichlich schnelles Fahrzeug zum Transport der Rennboliden.
Der X-Rohrrahmen des 300 S wird vorne und hinten verlängert, damit auf der angestrebten "Ladefläche" genug Platz für einen Mercedes-Benz Rennwagen verfügbar ist. Der SL-Motor, mit Benzin-Direkteinspritzung, bekommt seinen Platz "wie im richtigen Leben" knapp über der Vorderachse. Das Viergang-Synchrongetriebe mit Evolventen-Verzahnung ist samt Daimler-Benz Einscheiben- Trockenkupplung am Motor angeflanscht.
Als Vorderachse dient eine Doppel-Querlenkerachse mit Schraubenfedern und Fichtel & Sachs-Stossdämpfern. Die Hinterachse ist eine Pendelachse mit Hypoid-Verzahnung von Teller- und Kegelrad, tiefgelegten, getrennten Drehpunkten für beide Achsträger, Schraubenfedern, Drehstab-Zusatzfeder und ebenfalls Fichtel & Sachs-Stossdämpfern. Der Radstand fällt mit 3050 Millimetern beachtlich aus.
An allen vier Rädern bieten hydraulische Verbund-Trommelbremsen mit pneumatischem Bosch-Bremsverstärker zuverlässige Verzögerung des Gesamtgewichtes, das - mit Ladung - knapp 3000 Kilogramm beträgt. Zwischen Kardanwelle und Differential sorgt eine Scheibenbremse für zusätzliche Sicherheit, und um das Mass voll zu machen, erhält der Renntransporter eine Motorbremse - ein Novum in Verbindung mit einem Pkw-Motor.
Dieser Motor ist der originale 3-Liter-Reihen-sechszylinder des 300 SL, der unter Berücksichtigung der Schwerarbeit, die vor ihm liegt, von 215 PS auf 192 PS gedrosselt ist. Zusammen mit dem hohen Drehmoment von 25,8 mkg bei 4700 U/min erreicht der Renntransporter letztlich spielend 160 bis 170 Stundenkilometer, je nachdem, was er auf dem Buckel hat.
Alle diese Komponenten verschwinden unter einem Blechkleid, das der Phantasie, Kreativität, Schaffensfreude und handwerklichen Kunst der Karosseriebauer ein für alle Mal ein Denkmal setzt. Für Kenner ist sofort auszumachen, dass der Mittelteil der Fahrerkabine, von der Windschutzscheibe bis zur Türhinterkante, vom Serienmodell 180 abstammt. Nur, das Ganze ist breiter. Der Bug, in kurzer Rundung steil abfallend, mündet in einer SL-artigen Kühlluftöffnung, die der Mercedes-Stern ziert. Seitlich begrenzen unverkennbar vom 180er stammende Kotflügelstummel mit integrierten Haupt- und Nebelscheinwerfern die Rundungen der Vorderpartie, und eine dreifach geschwungene, weit in die Seite gezogene verchromte Stossstange mit grossen Hörnern bildet den vorderen Abschluss.
Den Ingenieuren glückte ein technisches Meisterwerk. Sie schufen ein Unikat, dessen Herkunft unschwer zu erkennen war. Ob Karosserie, Motor oder Rahmen: Dem Renntransporter ist der Mercedes ins Gesicht geschnitten.
Da stand er nun, so um die Mitte des Jahres 1954, in der vollen Länge von 6750 Millimetern, 2000 Millimeter breit, nur 1750 Millimeter hoch, mit seiner ganzen Dynamik, seiner Kraft, in seinem extravaganten Kleid, natürlich im Mercedes-Benz Blau, von der ganzen Anmutung her vorwärtsdrängend - "schnell" schon im Stand. "Für uns in der Rennabteilung", so ein ehemaliger Mitarbeiter, "war dieses Auto ein Segen. Wir hatten jetzt häufiger ein paar Stunden mehr Zeit, um einen der Einsatzwagen, bei denen es ja meist noch um letzte Abstimmungen oder Änderungen ging, mit noch mehr Sorgfalt und etwas weniger Hektik einsatzfertig zu machen. Andererseits kam ein beschädigter oder sonst wie defekter Wagen schneller zurück, das ergab zusätzliche Zeit für die anstehenden Reparaturen. Schliesslich wurden die Wagen nach jedem Rennen zerlegt, geprüft, schadhafte Teile erneuert oder geändert, dem nächsten Rennen und dem jeweiligen Fahrer angepasst".

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