Samstag, 16. Mai 2009 BMW und die Mille Miglia: Erfolge für die Ewigkeit
BMW 328
Der Name ist Programm und er hat einen legendären Klang: Mille Miglia. Das Strassenrennen über 1000 Meilen galt von Beginn an als grösste Herausforderung, die für Rennfahrer und ihre Autos überhaupt denkbar war. Wer bei der Mille Miglia bestehen konnte, hatte damit den Beweis erbracht, nicht nur im Motorsport, sondern überhaupt im Automobilbau konkurrenzfähig zu sein. 24 Wettfahrten wurden zwischen 1927 und 1957 in Norditalien ausgetragen. Die Rennen waren Spektakel für Zigtausende von Motorsportfans und grosse Bühne für Rennfahrer wie Tazio Nuvolari, Stirling Moss, Rudolf Caracciola, Juan Manuel Fangio oder Fritz Huschke von Hanstein. Obendrein war die Mille Miglia stets das bedeutendste Kräftemessen für die Automobilhersteller. 1977 feierte die Mille Miglia Wiederauferstehung. Als Zuverlässigkeits- und Gleichmässigkeitsfahrt für historische Fahrzeuge hält sie seitdem den Geist des klassischen Rennsports lebendig.
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Vier ebenso wohlhabende wie rennsportbegeisterte junge Männer aus Brescia hatten schon 1925 den Entschluss gefasst, ihre Heimatstadt zu einem Motorsport-Zentrum zu machen. Zwei Jahre später konnten sie ihre Pläne verwirklichen. Fortan wurden Start und Zieleinlauf in Brescia zu einem wahren Volksfest, die Fahrer und ihre Automobile wurden begeistert gefeiert. Jahr für Jahr breitete sich das Rennsportfieber über das gesamte Land aus, nicht zuletzt weil zunächst stets Wagen aus italienischer Produktion die Wettfahrten beherrschten. Die erste Mille Miglia führte über Bologna und Florenz nach Rom und von dort über Ancona, Ferrara, Treviso und Vicenza zurück nach Brescia. Das Rennen verlief auch in den Folgejahren auf unbefestigten Strassen und durch enge Ortschaften, es stellte Mensch und Material auf eine harte Probe und verströmte die unvergleichliche Atmosphäre eines Spektakels, bei dem sich nicht allein die Fahrer immer wieder hart am Limit bewegten. Was Kritiker befürchtet hatten, trat beim Rennen des Jahres 1938 ein: Bei einem verheerenden Unfall nahe Bologna kamen zehn Menschen ums Leben. Die Tragödie veranlasste die italienische Regierung zu einem sofortigen Verbot aller Rennsportveranstaltungen auf öffentlichen Strassen. Erst zwei Jahre später war ein Ersatz für die Rundfahrt gefunden: der 1. Gran Premio Brescia delle Mille Miglia. Wieder ging es über 1000 Meilen, nun jedoch auf festen Strassen im Städtedreieck zwischen Brescia, Cremona und Mantua. Neunmal war dieser Kurs zu umrunden. Die Zuschauer mussten sich nicht nur an eine neue Streckenführung, sondern auch an eine ganz neue Art von Siegerauto gewöhnen. Über Jahre hinweg hatten die Achtzylinder-Boliden von Alfa Romeo mit ihren bis zu 360 PS starken Kompressor-Motoren die Mille Miglia dominiert. Lediglich 1931 war es Rudolf Caracciola mit einem mächtigen Kompressor-Mercedes SSKL gelungen, die italienische Siegesserie zu durchbrechen. Doch plötzlich tauchte ein neuer Typ von Sportwagen auf Europas Rennstrecken auf: der BMW 328, ein im Vergleich zu seinen Konkurrenten geradezu zierliches Fahrzeug mit 2,0 Liter-Motor und einer Leistung von bescheidenen 80 PS. Schon 1938 hatte der kleine Roadster die Zwei-Liter-Klasse der Mille Miglia gewonnen. BMW hatte damit den Durchbruch im Motorsport geschafft, doch der grosse Triumph folgte 1940. In ihrem BMW 328 Mille Miglia Coupé mit Touring-Karosserie fuhren Fritz Huschke von Hanstein und Walter Bäumer zu einem historischen Sieg. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 166,7 km/h stellten sie einen Rekord auf, der für alle Zeiten Bestand haben sollte. Erst rund eine Viertelstunde nach dem siegreichen BMW 328 kam der zweitplatzierte Wagen, ein Alfa Romeo, ins Ziel. Der Aufsehen erregende Erfolg sollte für BMW zugleich der einzige Gesamtsieg bei der klassischen Wettfahrt bleiben. Der Zweite Weltkrieg setzte nicht nur der Mille Miglia, sondern auch den Motorsport-Aktivitäten von BMW zunächst ein Ende. Mit dem Neubeginn im Jahre 1947 führte die Mille Miglia erstmals wieder von Brescia nach Rom, und zurück. Nach dem Auftakterfolg für Alfa Romeo übernahm in den Folgejahren Ferrari die dominierende Rolle. BMW entsandte nach dem Krieg keine Werksteams mehr nach Italien. Und trotz mancher spektakulärer Rennen – etwa 1955 beim Sieg von Stirling Moss und David Jenkinson im Mercedes 300 SLR – war das Ende der Mille Miglia nur noch eine Frage der Zeit. Das Teilnehmerfeld wurde immer unübersichtlicher, bisweilen waren mehr als 400 Fahrzeuge am Start, darunter sogar Dieselfahrzeuge oder Kuriositäten wie die ISO Kleinstwagen – Vorläufer der BMW Isetta –, die sich 1954 tapfer über die Apennin-Pässe quälten. Vor allem jedoch wurde es immer riskanter, mit den von Jahr zu Jahr stärker und schneller werdenden Rennwagen über öffentliche Strassen zu fahren und sie sicher ins Ziel zu bringen. Als sich 1957 das Unglück des Jahres 1938 wiederholte, – zwölf Todesopfer –, bedeutete dies das endgültige Aus für die Mille Miglia.
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