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Montag, 21. September 2009 Stirling Moss: Heute ist Renntag, ich riskiere mein Leben

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Stirling Moss beim Training mit dem 300 SLR Rennsportwagen in Hockenheim (1955).Stirling Moss beim Training mit dem 300 SLR Rennsportwagen in Hockenheim (1955).

Nur für eine Saison, 1955, fuhr Stirling Moss für Mercedes-Benz. Doch in dieser schrieb er sich in die ewige Bestenliste des Motorsports ein. Moss gilt bis heute als Ausnahmetalent – da wirkt es wie eine Ironie der Geschichte, dass er nie Weltmeister geworden ist. Ein schwerer Unfall beendete 1962 seine Karriere. Doch ein Botschafter des Motorsports ist er auch danach immer gewesen, oft und gerne in historischen Fahrzeugen von Mercedes-Benz, die er einst zum Sieg bewegte.
2. Mai 1955, Brescia in Italien. Es ist 7.22 Uhr. Ein silberner Sportwagen erhält das Startzeichen und schießt die Rampe herab: Stirling Moss und sein Beifahrer Denis Jenkinson sind im Mercedes-Benz 300 SLR zum damals wichtigsten und auch gefährlichsten Straßenrennen gestartet – der Mille Miglia. Eintausend Meilen durch Italien liegen vor ihnen, 1597 Kilometer.

 

Gegner sind die 520 anderen Fahrzeuge, eine kurvenreiche Strecke ohne größere Sicherheitsvorkehrungen und die Uhr mit stetig wanderndem Sekundenzeiger – am Ende zählt nur die Zeit, die man für die 1000 Meilen benötigt. Gewinnen kann nur einer.
Nach 10 Stunden, 7 Minuten und 48 Sekunden winkt die Flagge in Brescia das silberne Auto mit der rot aufgemalten „722“ – der Startzeit, wie es bei der Mille Miglia üblich ist – als erstes ins Ziel. Es ist eine neue Rekordzeit für die „1000 Meilen“, im Durchschnitt 157,65 km/h, die nicht mehr unterboten werden soll, denn 1957 wird die Mille Miglia als reguläre Sportveranstaltung eingestellt. Zugleich ist Moss dort angekommen, wo er hin will: im Olymp des Motorsports.
Erst wenige Jahre zuvor, 1948 im Alter von 19 Jahren, fährt Moss sein erstes Rennen und belegt den vierten Platz. Gleich beim zweiten Wettbewerb in Brighton steht er auf dem Siegertreppchen ganz oben. Insgesamt bestreitet er in jenem ersten Rennjahr 15 Wettbewerbe und beendet 12 davon als Sieger. Es ist der Blitzstart zu einer internationalen Karriere, die er nach mehreren Zwischenstationen 1955 bei
Mercedes-Benz fortsetzt. In seinem Vertrag stehen alle wichtigen Veranstaltungen des Jahres, er fährt sie mit den Typen 300 SL, 300 SLR und W 196. Die Erfolge der Saison: Mille Miglia: Platz 1; Grand Prix von England: Platz 1; Grand Prix von Belgien: Platz 2; Grand Prix der Niederlande: Platz 2; Tourist Trophy in Dundrod/Nordirland: Platz 1; Targa Florio: Platz 1.
Moss hat einen immensen Siegeswillen. Ihn habe immer ein Gedanke getrieben, sagt er: „Heute ist Renntag, heute riskiere ich mein Leben.“ Auch gilt er als unerbittlich dem Material gegenüber. Doch ein Rennwagen ist für Moss nur das Werkzeug, um schnellstmöglich ins Ziel zu gelangen – das für genau diesen Zweck gebaut worden ist. Bis ins Ziel hinein fordert er dem Fahrzeug alles ab.
Als Mercedes-Benz sich nach der Saison 1955 aus dem Motorsport zurückzieht, stehen Moss die Cockpits aller bedeutenden Marken offen. In den Folgejahren fährt er verschiedene Fahrzeuge, beispielsweise Vanwall, Cooper, Porsche, Aston Martin, Ferrari, Lotus und B.R.M. Jede Saison zeigt erneut: Er ist ein Fahrer von Weltklasseformat.
1962 wird zu seinem Schicksalsjahr. Moss ist angestellter Fahrer bei Lotus und verzeichnet bereits mehr als 500 Starts in seiner Biographie. Am 30. April ist er bei einem zweitrangigen Formel 1-Rennen unterwegs, den 100 Meilen von Goodwood. In der 35. von 42 Runden passiert es: Er kommt unter nie geklärten Umständen mit hoher Geschwindigkeit von der Strecke ab und prallt gegen einen Erdwall. Er erleidet schwerste Verletzungen. Rund ein Jahr nach dem Unfall fällt Moss die Entscheidung, mit dem Motorsport aufzuhören – seine Körperreaktionen sind deutlich langsamer als vor dem Unfall. „Wer nicht schnell und sicher fährt, soll aufhören, schon aus Rücksicht auf seine Konkurrenten“, sagt er.
Die Gesamtbilanz von Moss liest sich beeindruckend: Mit insgesamt 84 verschiedenen Autotypen nimmt er an 495 Motorsportveranstaltungen teil, erreicht bei 366 das Ziel und gewinnt 222. Sicherlich kann gesagt werden, dass er zu den besten Fahrern seiner Zeit gehört – dennoch gelingt es ihm nie, Weltmeister zu werden. Mehrmals verpasst er den Titel um Haaresbreite. Zwischen 1955 und 1958 ist er insgesamt viermal Vizeweltmeister, dreimal hinter dem großen Fangio, einmal – 1958 – hinter seinem Landsmann Mike Hawthorn. In die Erfolgsbilanz gehören noch 16 Pole Positions sowie 19 schnellste Runden bei Weltmeisterschaftsläufen. Für seine Verdienste adelt die britische Königin den Rennfahrer, der sich fortan Sir Stirling nennen darf.
Moss gilt zudem als Begründer eines Umschwungs hin zu einer viel stärker professionalisierten Autorennbranche. Er hatte bereits 1949 einen Manager, der sich um die geschäftlichen Belange kümmert – ein absolutes Novum zur damaligen Zeit.

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