Im Jubiläumsjahr 1970 standen nun für Porsche alle Signale auf Angriff. Dazu war der Porsche 917 wie geschaffen, schon ein Jahr zuvor durfte das Modell ja seinen Einstieg feiern. Bereits am 21. April 1969 waren die 25 Porsche 917 von der Homologierungskommission in Zuffenhausen abgenommen worden. Sie verkörperten, wenn man einmal allein die Materialkosten rechnet, einen Wert von über fünf Millionen Mark. Denn der neue, ultimative Porsche, der später als einer der schnellsten und erfolgreichsten Rennwagen zur Legende wurde, lag nahe am Minimalgewicht von nur 800 Kilogramm. Dazu leistete der leichte Zwölfzylinder bis zu 580 PS bei 8.400/min aus einem Hubraum von 4,5 Litern. Das machte in der Langheckversion auf der exakt 5.823 Meter langen Hunaudières-Geraden in Le Mans Geschwindigkeiten nahe der 400-km/h-Marke möglich.
Bereits in die Vorbereitungsphase zum Rennen 1970 floss viel von dem ein, was man in den vergangenen Jahren gelernt hatte. Ungestüme Angriffe in den ersten Stunden des Langstreckenklassikers führten nie zum Erfolg, weshalb der erfahrene Hans Herrmann als Fahrer die erste Wahl für Porsche war. Der Sindelfinger Routinier galt als schnell und Material schonend. Zusammen mit dem Engländer Richard Attwood sollte er auf dem 4,5-Liter-Kurzheck mit der Nummer 23 starten, der in den rot-weißen Farben von Porsche Salzburg lackiert war. Der zweite Wagen des Teams, mit 4,9-Liter-Motor und Langheck-Karosserie, wurde von Vic Elford und Kurt Ahrens pilotiert. Dazu kamen drei Porsche 917 von John Wyer sowie der pop-farbene 4,5-Liter-Langheck des Martini-Teams. Plus eine ganze Armada von 907, 908, 910, 911 S und 914/6. 24 Porsche standen Punkt 16 Uhr am Start in Le Mans, es war der 13. Juni. Ankommen sollten davon einen Tag später noch zwölf, fünf wurden gewertet. Dazu kamen noch zwei Ferrari 512 S, und das von insgesamt 51 Startern.
Es lag an den teils katastrophalen Witterungsverhältnissen, dass dieses Rennen in die Geschichte eingehen sollte. Vic Elford berichtete, dass es selbst auf den langen Geraden zeitweise unmöglich war, zu überholen. Kurt Ahrens hatte das Gefühl, in einem Boot zu sitzen. Und Hans Herrmann gestand Wochen nach seinem Sieg, dass er in den Regenperioden endgültig den Entschluss gefasst habe, den Helm an den Nagel zu hängen. Eine Stunde nach dem Start, den die Fahrer damals übrigens erstmals bereits im Fahrzeug sitzend und nicht mit dem weltberühmten „Le Mans-Start“ absolvierten, ist Herrmann nur Neunter. Ganz vorn liegt Jo Siffert, ebenfalls in einem Porsche 917, dahinter Jacky Ickx in einem Ferrari 512 S. Doch Siffert verschaltet sich später, dabei überdreht der Motor. Und Ickx zerlegt den roten Renner vor der Schikane. Gegen 18:15 Uhr kommt die Meldung, die anfangs keiner glauben will: Im strömenden Regen sind gleich vier Ferrari 512 S aneinander geraten und ausgefallen. Doch auch die Porsche-Armada zollt dem Rennen weiteren Tribut, auch alle drei 917 des Gulf-Teams fallen nach und nach aus.
Jetzt schlug die Stunde des erfahrenen Haudegens Herrmann, der sich mit Richard Attwood hervorragend ergänzte. Bei schwierigsten Wetterbedingungen schiebt er sich immer weiter nach vorn, steuert den 917 von Porsche Salzburg überlegen ins Ziel und sichert Porsche damit den ersten Gesamterfolg in Le Mans. Und er erkennt kurz vor Rennende an diesem 14. Juni 1970: „Mensch, das könnten ja deine letzten Runden als Rennfahrer sein!“
15 weitere Porsche-Gesamtsiege in Le Mans sollten folgen, der zweite bereits 1971. Mit einem ganz besondern Porsche 917 – sein Rahmen bestand aus leichtem Magnesium – siegen auf der noch weitgehend schikanenfreien Strecke Gijs van Lennep und Dr. Helmut Marko. Und sie stellen einen unglaublichen Rekord auf, der nie mehr gebrochen werden sollte: Exakt 5.335,313 Kilometer und 397 Runden legt der Porsche 917 in 24 Stunden zurück, was trotz aller Boxenstopps und der langen Nacht einem Durchschnittstempo von 222,304 km/h entspricht.
|