Die Sensation schien zum Greifen nah. Die lange Nacht von Le Mans war fast überstanden und das ŠKODA Team hielt sich in der Kategorie der Hubraumklasse bis 1100 cm3 konstant auf dem 2. Platz. In der Leistungseffizienz-Sonderwertung rangierte das Zweiergespann zwischenzeitlich auf dem 5. Platz von insgesamt 60 Fahrzeugen. Der französische Rennwagen-Spezialist Gordini hatte insgesamt sechs Wagen ins Rennen geschickt und schien trotzdem chancenlos gegen die Tschechen zu sein, deren blütenweisse Overalls kaum von der Tatsache ablenken konnten, dass ihr Rennwagen aus einfachsten Mitteln zusammengebaut war.
Denn für die Saison 1949 entwickelte der tschechische Autohersteller auf Basis des „Tudor“ eine spezielle Rennvariante: den ŠKODA Sport. Der offene Zweisitzer besass einen um 400 Millimeter verkürzten Radstand und eine besonders flache Pontonkarosserie aus leichtem Aluminium und gab in Brünn beim Grand Prix der Tschechoslowakei sein Debüt: Das eigentliche Ziel war jedoch Le Mans, das damals bereits weltbekannte 24-Stunden-Rennen im französischen Department Sarthe. Am Samstag, den 24. Juni 1950 hatte es das Werksteam von ŠKODA geschafft: Die weiterentwickelte Version des 1101 Sport stand – bereit für den damals noch üblichen „Le Mans-Start“ um 16 Uhr –schräg vor der Boxenmauer des 13,65 Kilometer langen „Circuit des 24 Heures“. Die Fahrer reihten sich am gegenüberliegenden Streckenrand auf, um nach dem entsprechenden Signal zu ihren Fahrzeugen zu sprinten. Dort sprangen sie hinter das Steuer, starteten den Motor und gingen auf die erste Rennrunde. Aus Sicherheitsgründen wurde diese Art des Rennstarts im Jahr 1970 abgeschafft.
Der 600 Kilogramm leichte ŠKODA Sport wurde von Václav Bobek und Jaroslav Netušil gefahren und verfügte für den Einsatz in Le Mans über einen auf 2,150 Millimeter verlängerten Radstand, der die Richtungsstabilität verbesserte. Sichelförmige Luftöffnungen neben den Hauptscheinwerfern leiteten den Trommelbremsen an den Vorderrädern Kühlluft zu und zwei zusätzliche Scheinwerfer sorgten in den Nachtstunden für bessere Sicht. Ansonsten basierte das Fahrzeug weitgehend auf dem serienmässigen „Tudor“, einschliesslich der 12-Volt-Bordelektrik von PAL und der Diagonalreifen von Barum. Der wassergekühlte Vierzylinder unter der niedrigen Fronthaube mit einem unveränderten Hubraum von 1089 cm3 verdichtete etwas höher im Verhältnis 8,6:1 und verfügte über einen Solex 40 UAIP-Vergaser. Damit stieg die Leistung des Motors gegenüber des 32 PS starken Serienmotors auf 50 PS (37 kW) bei 5200 Umdrehungen. Mit dem damals üblichen Renntreibstoff – einem Mix aus Benzin, Ethanol und Azeton – erreichte der ŠKODA Sport eine Spitzengeschwindigkeit von 140 km/h und verbrauchte dabei nur zwölf Liter pro 100 Kilometer. Vollbetankt und mit jenen Werkzeugen und Ersatzteilen an Bord, die bei einem Reparaturstopp ausschliesslich benutzt werden durften, brachte er 700 Kilogramm auf die Waage.
Eine Tankfüllung ermöglichte rund vier Stunden Fahrzeit, die beiden Piloten Václav Bobek und Jaroslav Netušil konnten also deutlich längere Strecken als ihre Konkurrenten absolvieren. Das Rennen verlief für das ŠKODA Team bis zum Morgengrauen reibungslos. Aber in der 115. Runden geschah das Unglück: Das Sicherungselement eines Pleuelzapfens war gerissen und eine Reparatur vor Ort nicht mehr möglich. Eigentlich schade, denn wie schnell der ŠKODA Sport wirklich war, zeigte sich erst im Rennen des Folgejahres. 1951 gab Porsche sein Le Mans Debüt ebenfalls in der 1,1-Liter-Klasse und der Porsche 356 blieb in den Rundenzeiten hinter dem ŠKODA zurück.
Auch wenn es nie zu einer Le Mans Revanche kam, sollte der ŠKODA Sport ein wahres Methusalem-Alter als Rennwagen erreichen. In den nächsten zwölf Jahren absolvierte er über 80 weitere, meist erfolgreiche Einsätze, nun allerdings im Inland oder im benachbarten Ausland. Eine weitere Karosserie wurde für den ŠKODA Sport gebaut und beide Autos erhielten stärkere Motoren.
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