Man habe 2016 und 2017 bewiesen, schneller zu sein als die Konkurrenz, „es dann aber am Ende nicht geschafft“, sagt der 55-jährige Niederländer. „Das tut uns heute noch sehr weh.“ Die Herausforderung Le Mans möchte er „endlich abhaken“. Für den Fall eines neuerlichen Scheiterns mag er auch persönliche Konsequenzen nicht ausschließen. „Wir haben jetzt zum vierten Mal hintereinander ein überlegenes Auto. Wenn es wieder nicht klappt, werden sich alle hinterfragen müssen, die in diesem Projekt Verantwortung tragen“. Der Pechvogel von 2017, Fahrer Kamui Kobayashi, will dem Schicksal jedenfalls die Stirn bieten und setzt sich erneut ins Toyota-Cockpit.
Ein Dreikampf der Giganten hatte in den vergangenen Jahren Motorsport-Fans in aller Welt elektrisiert – und das im Wortsinne: Die Werksteams von Audi, Porsche und Toyota kämpften mit Hybrid-Fahrzeugen um die Krone im Langstrecken-Rennsport, als die das PS-Spektakel in Le Mans gilt. Das Toyota-Team, das wiederholt mit atemberaubenden Rundenzeiten im Training die Konkurrenz schockte, hatte am Ende doch das Nachsehen. Mehr als 20 Stunden in Führung liegend, fiel der TS 050-Bolide 2016 keine vier Minuten vor Ende des Rennens aus.
Der Satz klingt banal, doch das Poesie-Album der Le-Mans-Grausamkeiten bringt der Ausspruch von Ron Dennis auf den Punkt: „To finish first, first you have to finish“ („Wenn Du gewinnen willst, musst Du erst einmal ankommen“). Das schnellste Auto im Feld zu haben, reicht allein nicht. Es muss auch rund um die Uhr unter Höchstlast laufen, das große Wagenrennen ist ein Marathonlauf im Sprinter-Tempo. In den vergangenen beiden Jahren hatte Porsche das bessere Ende für sich. Einmal, sagt Rob Leupen, habe eine Schraube für wenige Cent den Erfolg des Millionenprojekts verhindert. Beim zweiten Verlust eines nahen Sieges sei die Kommunikation innerhalb des Teams „nicht optimal“ gewesen.
Reibungslose Kommunikation ist bei Toyota noch wichtiger als bei anderen Rennställen. Die Toyota Motorsport GmbH hat in Köln-Marsdorf ihren Sitz, der Konzern in der 9200 Kilometer entfernten Stadt gleichen Namens, in der japanischen Präfektur Aichi. Die Antriebs- und Hybrid-Komponenten werden im Land der aufgehenden Sonne entwickelt und gefertigt, das Chassis und andere relevante Teile in Köln. Dort findet auch die Endmontage statt.
Verantwortlich für die ungewöhnliche Arbeitsteilung ist im Grunde Ove Andersson. Der schwedische Rallye-Fahrer und ehemalige Chef des Toyota-Formel-1-Teams hatte die von ihm 1973 gegründete Motorsport Company in der Domstadt angesiedelt, wo einst auch die Europa-Zentrale von Toyota aufgebaut werden sollte. In den betongrauen Gängen der weitläufigen Hallen ist eine Zeittafel der Unternehmensgeschichte aufgemalt, die minutiös die Stationen von Rallye-, Formel- und Prototypensport aufführt. Ungefähr zwei Meter Wand sind noch undekoriert. Wenn es nach den Hausherren ginge, wird dort der Le-Mans-Sieg des Jahres 2018 gewürdigt.
Audi und Porsche, die in den vergangenen 20 Jahren 17-mal als Erste durch Ziel fuhren, haben sich aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) verabschiedet. Toyota stellt jetzt nicht nur das einzige Hybrid-Team im Starterfeld, sondern auch das mit dem größten Etat. Den übrigen neun Wettbewerbern, die ein Auto in der Prototypen-Klasse gemeldet haben, steht kein Weltkonzern zur Seite, sie gelten als „Privatfahrer“. „Natürlich hätten wir lieber Audi und Porsche dabei gehabt“, sagt Rob Leupen. Er weiß, dass der Imagegewinn durch einen möglichen Sieg nicht zuletzt von der Stärke der besiegten Gegner abhängt. Um halbwegs eine Chancengleichheit herzustellen, hat der Veranstalter unter anderem die verfügbare Spritmenge für den Toyota gemindert. Viel Zeit bleibt den Japanern nicht mehr, den ersehnten Triumph einzufahren. Ab 2020 soll das WEC-Reglement grundlegend verändert werden, Autos wie der TS 050 sind dann obsolet. (ampnet/afb)
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