Wenn die Fernsehzuschauer bei Rennen der FIA World Endurance Championship einen Blick in die Box des Alpine Elf Matmut Endurance Teams erhaschen, sehen sie die Teamfarben an den Wänden, die Tankanlage, konzentrierte Mechaniker, ihre Werkzeugschränke und gestapelte Reifen. Doch die wenigsten erhalten Einblick ins Backoffice, der geheimen Schaltzentrale, in der eine ständige Flut von Diagrammen und Daten über zahllose Bildschirme flimmert.
«In der Hypercar-Klasse wird das Rennen aus der Box nicht passiv miterlebt, sondern durch eine beeindruckende Menge an Daten gesteuert.» Thomas Tribotté, Renningenieur des Alpine Elf Matmut Endurance Teams
RENNWAGEN MIT 500 SENSOREN Die Anzahl der Monitore hat sich nochmals erhöht, seit Alpine in die führende Hypercar-Klasse des Langstreckensports aufgestiegen ist: «Als wir in der LMP2-Klasse antraten, war unser Auto mit etwa 200 Sensoren ausgestattet. In dieser Saison sind es bereits 500. Unser Telemetriesystem überträgt permanent zwischen 2’000 und 2’500 Informationen. Um diese Datenfülle zu verarbeiten und zu analysieren, sind acht Ingenieure nötig, die wie ich in der Box sitzen. Allein zwei Motoringenieure kümmern sich um das besonders wichtige Leistungsmanagement», so der Renningenieur Tribotté.
«Die Daten unterteilen sich in verschiedene Kategorien. Am wichtigsten sind all jene Informationen, die die Zuverlässigkeit betreffen. Dazu gehören die Temperatur von Bremsen, Motor und Getriebe sowie der Reifendruck. Damit verbunden sind Warnsignale, von denen einige den Fahrer direkt im Fahrzeug alarmieren. Die Temperaturkontrolle ist besonders wichtig, vor allem bei einem Rennen wie in Le Mans, wo die Lufttemperaturen zwischen 10°C mitten in der Nacht und 30°C nachmittags an Start und Ziel schwanken können.»
MIT DATEN GEWINNEN Während des Rennens lassen die Ingenieure des Rennteams die Daten keinen Moment aus den Augen: «Noch zu LMP2-Zeiten haben wir in Le Mans nach zwölf Runden ein Problem entdeckt», erinnert sich Thomas Tribotté. «Wären wir in Panik geraten und hätten das Auto sofort zur Reparatur hereingeholt, wären unsere Siegchancen gleich erheblich gesunken. Dank der Telemetriedaten konnten wir das Problem jedoch eingrenzen und den besten Moment abwarten, um es während der regulären Boxenstopps zu beheben. Ergebnis war der Klassensieg.»
Ausser zur Zuverlässigkeit steuern die Telemetriedaten auch zur Performance des Fahrzeugs bei. Thomas Tribotté: «Wenn wir eine Einstellung ändern, die zu einer zweiprozentigen Verbesserung führen soll, tatsächlich aber nur einen Gewinn von 1,8 Prozent bringt, erfahren wir das dank der Telemetriedaten sofort. Dann kann der Fahrer umgehend nachjustieren.»
Ebenso nutzen Tribotté und seine Kollegen den Datenstrom, um die Rennstrategie des Teams zu perfektionieren: «Wir versuchen ständig, die Kraftstoffmenge zu optimieren, die das Auto mit sich führt. So rufen wir den Wagen nur rein, wenn er weniger als einen halben Liter im Tank hat. Solch genaue Vorgaben sind nur dank der präzisen Daten möglich.»   Eine weitere wertvolle Datenquelle bilden die von der Rennleitung gelieferten Zeitangaben. «Obwohl alle Teams diese Informationen erhalten, können wir damit die Leistungen unserer Wettbewerber genau beobachten“, erklärt Thomas Tribotté abschliessend. „Wir kombinieren diese Informationen mit unseren eigenen Simulationen und Berechnungen, um unsere Rennstrategie anzupassen und unsere Erfolgschancen zu maximieren.»
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