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Donnerstag, 30. Juni 2016 Vor 60 Jahren stellt Borgward seinen „Traumwagen“ vor

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Borgwards „Traumwagen“ lotete nahezu unbegrenzt neue Techniken aus.Borgwards „Traumwagen“ lotete nahezu unbegrenzt neue Techniken aus.

Immer wieder holte sich Carl F. W. Borgward seine automobilen Inspirationen, vor allem nach dem Kriege, aus den Vereinigten Staaten. Dort entwickelten die drei großen Hersteller seit Anfang der Fünfziger Jahre so genannte Concept Cars, die zum Beispiel General Motors im Rahmen seiner Motorama-Shows präsentierte. Auch Borgward wollte unmittelbar nach dem Krieg ein solches Auto entwickeln, um einerseits stilistisch in die Zukunft zu weisen, aber andererseits auch die technologische Stärke seiner Marke unter Beweis zu stellen.

 

Gerade weil dieses Automobil-Projekt, das später den Namen „Traumwagen“ erhielt, von vorn herein nie für die spätere Serienfertigung oder gar den Verkauf gedacht war, konnten sich die Techniker bei seiner Entwicklung bis in die absoluten Grenzbereiche des Machbaren vortasten. Auch für die Stilistik war der Freiraum nahezu unbegrenzt. Das Projekt startet also mit dem berühmten weißen Blatt Papier.

Ein Thema des damaligen Traumwagens ist heute im modernen Automobilbau aktueller denn je: Borgward lotete mit dem silbernen Experimentalfahrzeug die Grenzen des Leichtbaus aus. Schon bei der ungewöhnlich gestylten Karosserie kam überwiegend Leichtmetall zum Einsatz. Im Bereich der teilweise klappbaren Kabine und des Interieurs setzte Borgward beim Traumwagen dagegen zum ersten Mal Nylon und Perlon als Werkstoffe im Automobilbau ein. Und: Der Wagen besaß Frontantrieb.

Auch der neu entwickelte Boxermotor mit 2,0 bis 2,5 Litern Hubraum und avisierten 100 bis 160 PS sollte im Fahrversuch getestet werden. Die Triebwerke waren auch aus Elektron und teilweise sogar aus Silumin gefertigt und konnten wahlweise mit einer Einspritzanlage versehen werden. Für den kurzhubigen Boxer hatten die Techniker wegen der größeren Laufruhe optiert. Er hätte auch später im P 100 eingesetzt werden sollen. Entwicklungs-Ingenieur Erich Übelacker wollte mit dem Boxermotor ein Baukastenprinzip bei Borgward einführen. Der Einzelmotor mit vier Zylindern hätte in verschiedenen Hubraumstufen im Pkw Verwendung gefunden, zwei gekoppelte Exemplare hätten einen Lkw, vier davon einen Panzer antreiben können. Ein erstes Aggregat mit zwei Litern
Hubraum besaß eine Saugrohreinspritzung und brachte es auf dem Prüfstand auf 100 PS. Gleichzeitig testete das Borgward-Team einen 2,5-Liter, der mit zwei Vergasern und einer Hirth-Verzahnung an der Kurbelwelle ausgerüstet war. Dieses Aggregat erreichte
sofort 130 PS auf dem Motorenprüfstand. Mit der Vergaserbestückung oder dem

Zuschnitt der Einspritzung experimentierte das Borgward-Team intensiv. Um diese neue
Motorgeneration ausführlich zu testen, entstand ab 1954 der Traumwagen als Einzelanfertigung der Musterbauabteilung. Wegen der Leistungsstärke der neuen Aggregate verbauten die Borgward-Techniker im Fahrwerk erstmals Scheibenbremsen rundum.

Bereits Ende März 1955 begannen die Testfahrten mit dem neuen Boxermotor in dem komplett neuen Auto. Bei Versuchsfahrten im August kam es in Bremen zu einem Unfall, der mutmaßlich durch eine defekte Bremse verursacht worden war. Leider konnte das Experimental-Fahrzeug bis zur Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt nicht mehr rechtzeitig aufgebaut werden. Dort hätte es als Hingucker den Stand der Marke Borgward zieren sollen. Beim Neuaufbau ließ Konstrukteur Erich Übelacker das Dach schließlich so umbauen, dass es komplett in einem Teil nach oben klappt. Gleichzeitig stutzten die Aerodynamiker dem „Traumwagen“ nach Windkanaltests die Seitenleitwerke, um das Fahrverhalten im Hochgeschwindigkeitsbereich zu optimieren.

Das Schicksal dieses ausgefeilten und höchst interessanten Meilensteins des Automobilbaus nimmt leider ein höchst tragisches Ende. Eigentlich von Borgward im Jahr 1962 verkauft, hatten übereifrige Arbeiter der Firma das Einzelstück aber schon in die Schrottpresse geschickt. Trotzdem liefern die wenigen erhaltenen Fotos des Traumwagens einen äußerst lebendiger Eindruck davon, wie sich Carl F. W. Borgward anno 1955 die Zukunft des Automobil vorstellte. So wäre der Traumwagen heute noch ein Credo auf vier Rädern für Innovationen im Automobilbau.

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