Dienstag, 17. Oktober 2006 Chevrolet Epica: Alles hat seinen Preis
Chevrolet Epica
Wer eine Limousine mit der klassischen Dreiteilung von Motorraum, Passagierkabine und Kofferraum wünscht, die von der Statur her schon an die Oberklasse heranreicht und für den Preis der unteren Mittelklasse zu haben ist, der sollte sich den Chevrolet Epica anschauen. Er ist 4,80 Meter lang, wiegt rund 1600 Kilogramm, erlaubt knappe 400 Kilogramm Zuladung und kostet in der besseren Version Epica 2.0 LT gerade einmal 22'990 Euro (CH: 34'300 Fr.) plus 450 Euro für die Metalliclackierung und 800 Euro für ein elektrisches Glas-Hub- und Schiebedach.
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Mehr gibt die Preisliste nicht her, leider auch kein Elektronisches Stabilitäts-Programm. Dafür bietet der Viertürer fünf Sitze in einem recht grossen Innenraum. Der Epica protzt sogar mit beheizbarer Lederbestuhlung mit elektrischer Verstellung für den Fahrersitz, Bordcomputer und vielen weitere Details, die sonst nur in den Ausstattungslisten weit teurerer Autos zu finden sind - bis hin zu 17-Zoll-Alurädern und Einparkhilfe. Das Ganze wird verpackt in ein gefälliges, aber nicht auffälliges Blechkleid. Scheinbar kann man es also kaum besser treffen. Denn auch im Kreis von Auto fahrenden Freunden muss man sich bei der Aufzählung der serienmässigen Ausstattungen des Epica keineswegs in Bescheidenheit üben. Angesichts dieses so geschickten Umgangs mit der Ausstattung ist es erstaunlich, wie wenig Aufmerksamkeit die Koreaner der Armaturentafel gewidmet haben. Gerade in diesem Bereich des Fahrzeugs, den der Fahrer und seine Passagiere ständig vor Augen haben, hätten sich beim Einkauf der Instrumente und der Materialien ein paar zusätzliche Dollar bezahlt gemacht. So gibt sich der Epica seinem Besitzer und Fahrer gegenüber ehrlich als Schnäppchen zu erkennen, und der Fahrer lernt jeden Tag aufs Neue, dass alles seinen Preis hat. Der Zwei-Liter-Reihensechszylinder mit 144 PS und einem maximalen Drehmoment von 195 Newtonmeter schafft zwar die Standards der Klasse mit knapp zehn Sekunden von 0 auf 100 km/h und einer Spitze von gut 200 km/h. Doch der Motor dreht nicht so gleichmässig hoch, wie man es von modernen Triebwerken gewohnt ist. Ausserdem neigt er dazu, noch einmal spürbar zu beschleunigen, wenn man das Gaspedal lupft. Wenn der Motor eher bemüht als souverän wirkt, dann liegt das auch am Getriebe. Wenn man die leichte Anfahrschwäche erst einmal überwunden hat, erlauben die ersten Gänge erlauben eine munterere Gangart bis gut 100 km/h. Wegen der lang übersetzten Gänge vier und besonders fünf braucht der Epica aber einige Zeit, um seine Höchstgeschwindigkeit zu erreichen. Aber nicht nur deren Übersetzungen sind lang, auch die Schaltwege, besonders beim fünften Gang. Will man den höchsten Gang einlegen, muss man den Schaltstock weit nach rechts drücken, was der Beifahrer als Annäherungsversuch deuten könnte. Angesichts der bemühten Arbeit des Antriebs um Beschleunigung und höhere Marschgeschwindigkeit werden viele Fahrer auf Beschleunigungsorgien und Touren mit Höchstgeschwindigkeit verzichten. Das es wird der lobenswert finden, der die gemässigte Fahrweise vorzieht. Wer nicht technisch auf der Höhe der Zeit sein muss, mit weicher Federung und einer wenig präzisen Lenkung leben kann, weil er sich viel mehr über den Preis als über die Fahreigenschaften freuen will, der mag den Chevrolet Epica in Betracht ziehen. Er sollte aber aus zwei Gründen Zurückhaltung üben. Erstens liegt laut Auto-Reporter der Verbrauch bei flotter Fahrweise mit mehr als 13 Litern pro 100 Kilometer so hoch, dass er den niedrigen Kaufpreis vergessen lassen könnte, und zweitens ist ein sanfter Gasfuss auch deswegen empfehlenswert, weil dem Epica das ESP fehlt, das in dieser Fahrzeugklasse inzwischen längst zum Standard zählt.
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