Dafür wird einiges geboten: Die Limousine bietet reichlich Platz für fünf Personen, gegen Aufpreis wird eine Sitzbank für zwei Kinder im hinteren Kofferraum montiert. Gepäck findet dann immer noch unter der vorderen Haube Platz: Weil der Elektromotor an der Hinterachse sitzt, bietet der Vorderwagen immerhin noch 150 Liter Kofferraum. Das etwas spartanisch wirkende Interieur wird dominiert durch einen riesigen 17-Zoll-Bildschirm, über den praktisch alle Fahrfunktionen angesteuert werden. Das funktioniert wie bei einem Tablet-Computer, doch das Ablenkungspotential ist hoch. Zu allem Überfluss dauert es bisweilen Minuten, bis sich das Kartenbild aufgebaut hat. Die wenigen verbleibenden Schalter entstammen allzu offensichtlich dem Mercedes-Benz-Baukasten; die Stuttgarter haben bei der Entwicklung des Tesla tatkräftig mitgeholfen. Die stärkste Variante des Model S will autobahnfest sein, doch beim wiederholten Beschleunigen auf hohe Geschwindigkeiten lässt der Schub merklich nach. Und auch die Höchstgeschwindigkeit von 215 km/h ist keine Dauergeschwindigkeit. Auf der Landstraße hingegen wirkt der Tesla nie überfordert – im Gegenteil. In 4,4 Sekunden sprintet der Amerikaner von null auf 100 km/h; in Verbindung mit dem sehr leisen Antrieb ist das Beschleunigungserlebnis geradezu surreal. Und auch die Straßenlage ist trotz mehr als zwei Tonnen Leergewicht ausgezeichnet. Die am Fahrzeugboden montierten Akkus ziehen den Schwerpunkt tief nach unten, und die etwas gefühllose Lenkung arbeitet präzise. Leider fehlen praktisch alle Assistenzsysteme, die in dieser Fahrzeugklasse mittlerweile vorausgesetzt werden. Totwinkel-Warner, Spurhalteassistent oder adaptiver Tempomat sind auch gegen Aufpreis nicht zu bekommen. Die großen Akkus sorgen für eine ungewöhnlich hohe Reichweite; Tesla gibt 502 Kilometer an – basierend auf dem ECE-Zyklus, in dem 18,1 kWh Energieverbrauch pro 100 Kilometer ermittelt werden. Es ist uns zwar tatsächlich gelungen, diesen Wert über eine Fahrstrecke von rund 350 Kilometern exakt zu erreichen. Doch dabei hat sich die schwere Limousine auf der rechten Spur in die Lastwagenkolonne einsortiert. Scharfe Fahrweise treibt den Energieverbrauch auf über das doppelte; unser höchster Durchschnittswert lag über eine Distanz von rund 140 Kilometern bei 38,7 kWh pro 100 Kilometer. Damit sinkt die Reichweite auf unter 250 Kilometer. Tesla hat in ein System von 480-Volt-Schnelladesäulen investiert, mit dem die Akkus innerhalb von 40 Minuten auf 80 Prozent Ladezustand gebracht werden können. Die Kosten für die unbegrenzte Nutzung dieses „Supercharger“-Systems liegen für die Einstiegsvariante bei 2100 Euro; beim getesteten P85+ ist sie im Preis inbegriffen. An der heimischen Steckdose dauert das Nachladen allerdings bis zu 30 Stunden und länger. Viele Tesla-Eigner werden sich eine Wallbox installieren, mit der es erheblich schneller geht.
Nach der ersten Euphorie in den USA mehren sich vorsichtigere Stimmen – vor allen in Bezug auf die Dauerhaltbarkeit. Die Batterien dürften über die Lebensdauer hinweg deutlich an Kapazität verlieren, und bei Testwagen der US-Medien ist es immer wieder zu Fehlfunktionen von Antrieb und Bedieneroberfläche gekommen. Dennoch: Der Model S ist eines der faszinierendsten Autos auf dem Markt. Nur die Mär vom emissionsfreien Fahren entlarvt sich angesichts des europäischen Stromnetzes, das stark auf fossile Energie zurückgreift, als Augenwischerei. (ampnet/jm) Daten Tesla Model S P85+ Länge x Breite x Höhe (m): 4,97 x 1,96 x 1,45 Radstand (m): 2,96 Motor: Wechselstrom-Induktionsmotor mit Kupferläufer Elektro-Motor: 310 kW / 421 PS Drehmoment Elektro-Motor: 600 Nm Batterie: Lithiumionenbatterie, 85 kWh Höchstgeschwindigkeit: 215 km/h Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 4,4 Sek. ECE-Durchschnittsverbrauch: 18,1 kWh/100 km Effizienzklasse: A+ Leergewicht: 2100 kg Kofferraumvolumen: 745-1645 Liter (hinten), 150 Liter (vorn)
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