Wer die Silhouette betrachtet, die Augen ein bisschen zusammenkneift, erkennt eine Ähnlichkeit mit der des Volkswagen Käfers, nur flacher und glattgeleckt nach der Art der Ferrari in den 70er- und 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts: flache, fast spitze Schnauze und ein Dach, das in einer nach oben ausgebeulten Kurve zu einem – nicht mehr käfertypischen – Stummelheck mit Abrisskante führt. Getoppt wird dieses voluminös wirkende Passagierabteil von einem riesigen Glasdach, das den Fachausdruck „greenhouse“ wirklich verdient hat. Im von Klimaanlagen verwöhnten Kalifornien spielt das keine Rolle. Da ist die Sonneneinstrahlung immer zu groß. Aber der Mitteleuropäer erwartet weniger Glas, dafür eher eine Heckklappe statt des kleinen Deckels über der tiefen Höhle des flachen Gepäckraums.
Nach Art von Käfer und Porsche bietet der Tesla unter der vorderen Haube einen weiteren Laderaum, größer als der von Käfer und Porsche zusammen. Bei den beiden deutschen Typen schafft der Heckmotor dafür den Platz im Bug. Beim Tesla sitzt aber nicht nur hinten, sondern bei der Long Range- und dem Long-Range-Performance-Version auch vorn ein Motor, was diesem Model 3 den Beinamen „Dual Motor“ einbringt und ihnen gleichzeitig einen Allradantrieb beschert, der dank der im Performance-Modell exakt gleichen Verteilung der Lasten auf beide Achsen guten Vortrieb garantiert.
Beim Sprint geradeaus lässt sich das gut erspüren: Die Performance-Variante prescht in der Superzeit von 3,4 Sekunden auf 100 km/h. Da muss sich ein 911er schon ins Zeug legen. Aber beim Sportwagen hört man wenigstens, wie wenig Zeit er braucht. Der Model 3 begnügt sich mit einem dezenten Rauschen. Und er zieht durch, laut Werksangaben bis 261 km/h. So viel gönnte uns die Autobahn in diesen Tagen nicht. Dennoch: Alle Antriebsgeräusche trotz „Vollgas“ hinter sich zu lassen, schafft ein gutes Gefühl. Hatten wir den Überschallknall verpasst?
Beeindruckend, mit welcher gelassenen Selbstverständlichkeit auch der Mittelklasse-Tesla hohe Geschwindigkeiten bewältigt. Auf glatten Straßen könnte man von Gleiten sprechen. Es mag ja an dem extrem hohen Luftdruck in den Reifen liegen, aber auf normalen Straßen verdirbt das polternde Federn den Spaß, was so gar nicht zum übrigen Komforterlebnis passt.
Amerikaner und Chinesen verbinden mit dem Begriff Komfort oft ein gewisses Übermaß an Opulenz. Nichts davon im Model 3. Dessen Armaturentafel wirkt, als hätten Musk’s Leute sich Designer bei Volvo ausgeliehen: strenge gerade Linie, natürlich-mattes Holz als Schmuck und in der Mitte der 14 Zoll große Bildschirm, den die Schweden mittlerweile hochkant übernommen haben, nur kleiner. Die üblichen Anzeigen im Blickfeld des Fahrers fehlen. Der Autofahrer von heute soll sich offenbar daran gewöhnen, dass er bald ganz auf solche Anzeigen verzichten muss, wenn das Auto erst einmal autonom fährt.
Doch bis dahin wird es uns erlaubt sein, solch mittigen Anordnung nicht zu mögen. Der große Tesla-Touchscreen gibt sich zwar große Mühe, doch kann er unser Vorurteil auch nicht damit ausräumen, dass er die Pylonen einer Baustellenbegrenzung nicht nur erkennt, sondern auch in Rot-Weiß darstellt. Er zeigt eindrucksvoll, was er alles sieht. Und das ist so viel, dass es gleichzeitig unterhaltsam, wie auch ablenkend wirkt. Auf jeden Fall überzeugt die Vielfalt davon, dass der Tesla alles sieht, was er fürs autonome Fahren braucht. Da nahezu alles über den Bildschirm gesteuert wird, sind die „Knöpfe“ und die „Schieberegler“ auf dem Screen zum Teil so klein, dass man sie besser nur im Stand bedient.
Tesla preist seinen „Autopilot“ an als optimal für die Fahrt zwischen Auffahrt und Abfahrt einer Autobahn. In der Tat schafft er solch übersichtliche Situationen gut. Aber auch auf engeren, kurvenreicheren Straßen macht er automatisch eine gute Figur, sogar, wenn Mittel- und Seitenlinie fehlen. Dass er in geschlossenen Ortschaften unter 50 km/h die Arbeit verweigert, spricht für ihn. (ampnet/Sm)
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