So gesehen bietet der Twin Engine einen Antrieb an allen vier Rädern, wenn auch nicht das, was auch Volvo bisher als Allradantrieb anbietet. Gewinnt der Schlupf vorn die Oberhand, kann das System eben nicht alle Leistung nach hinten durchreichen, sondern nur die 87 elektrischen PS anbieten. Dieser Allradantrieb ist also kein Instrument für bessere Traktion bei sportlicher Fahrweise mit hohen Geschwindigkeiten, sondern ein System, das bei das gewichtige SUV bei widrigen Straßenverhältnissen im Zaum hält. Als Plug-in-Hybrid bietet der Twin Engine nominell 43 Kilometer Reichweite aus der Lithiumionen-Batterie mit 9,2 Kilowattstunden (kWh) Kapazität. Die Höchstgeschwindigkeit in diesem der sechs möglichen Fahrmodi beträgt 120 km/h. Wer am Stadtrand wohnt, täglich in die Innenstadt pendelt und jeden Abend daheim brav wieder auflädt, der schafft das komplett ohne Strom. Weil das einem typischen Einsatzprofil entspricht und es außerdem politisch gewollt ist, darf auch Volvo von dem NEFZ-Verbrauch seines Motors einen hohen Prozentsatz herunterrechnen. Deswegen kann Volvo für den Twin Engine einen Durchschnitts-Normverbrauch von 2,1 Litern angeben. Das entspricht nur einem Fünftel, bestenfalls einem Viertel des tatsächlichen Benzinverbrauchs, der bei unserer Überland-Tour zwischen acht und zehn Litern lag. Diese Werte mögen erschrecken. Aber sie sprechen dennoch für das Hybridsystem. Denn wir bewegten ein Fahrzeug mit mindestens 2,3 Tonnen Leergewicht, einem hohen Luftwiderstand wegen großer Stirnfläche und eher durchschnittlicher aerodynamischer Qualität und mindestens 320 PS. Der Innenraum XC90 nutzt die Möglichkeiten seiner Außenmaße. Großzügigkeit ist angesagt. Weil die Batterie im nicht ungewöhnlich voluminösen Mitteltunnel steckt, bleibt auch der Kofferraum unbeeinträchtigt bei 640 Litern hinter der zweiten – verschieb- und verstellbaren – Sitzbank. Wird die dritte Sitzreihe gegen Aufpreis bestellt, bleiben noch 262 Liter. Die Passagiere der zweiten Reihe sitzen ein bisschen höher als Fahrer und Beifahrer, was ihnen ein gute Sicht nach vorn einbringt. Der Innenraum bietet aber nicht nur Platz, sondern auch eine besondere Atmosphäre mit einem aufgeräumten, modernen Design und hochwertigen Materialien. Auffällig hier besonders der senkrecht angebrachte Touchscreen nach Art und Größe eines iPad-Tablets, von dem aus viele Funktionen gesteuert werden, so dass bei Knöpfen und Schaltern Zurückhaltung geübt werden konnte. Häufig genutzte Funktionen wie Lüftung und Klima lassen sich über virtuelle Tasten direkt ansteuern. Beim Volvo XC90 T6 AWD, dem Benziner mit dem gleichen 320-PS-Benziner, hatte uns die scheinbare Leichtigkeit des Handlings überrascht. Dagegen schien uns der Twin Engine behäbiger, was den 200 zusätzlichen Kilogramm geschuldet sein dürfte. Bei der Zeit für den Spurt von 0 auf 100 km/h schlägt der Hybrid allerdings den Benziner. Mit 5,6 Sekunden ist der Hybrid 0,9 Sekunden schneller auf Tempo 100.
Das Besondere dieses Volvo liegt nicht in solchen Zahlen oder in der Frage nach der Qualität der Lenkung oder der Federung. Es fällt nicht schwer zu akzeptieren, dass der XC90 ein Fahrzeug auf der Höhe der Zeit ist. Anders ist er dennoch – traditionell in Sachen Sicherheit. Euro-NCAP hat bisher für kein anderes Auto so viele Punkte in puncto Sicherheit vergeben wie für den XC90. Das gilt auch für die Fahrer-Assistenzsysteme, für die sich Volvo immer etwas Neues einfallen lässt, zum Beispiel das System, das beim Abbiegen nach links den Unfall mit dem Gegenverkehr vermeidet. Vernetzt ist der XC90 ebenfalls, als erster Volvo auch mit Apple Car Play. Kein anderes Modell zeigt besser als der Twin Engine, dass bei Volvo andere Zeiten anbrechen. Design und Technik entwickeln sich eindrucksvoll weiter. Die Übernahme der Schweden durch das chinesische Unternehmen Zhejang Geely Holding im Jahr 2010 hat offenbar Türen geöffnet. (ampnet/Sm)
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