Das Debüt des Volvo 140 hätte damals nicht spektakulärer sein können. Die neue Modellreihe wurde in vier skandinavischen Städten gleichzeitig enthüllt – vor 50 Jahren noch ein sensationelles Ereignis. Entsprechend gespannt warteten die Journalisten in Oslo, Kopenhagen und Helsinki auf das Volvo-Spitzenmodell, von dem schon seit Jahren Gerüchte und Bilder einer getarnten Limousine mit dem Namen Mazuo durch die Medien geisterten. In Göteborg hatten sich fast 400 Medienvertreter zur Vorstellung der viertürigen Limousine Volvo 144 versammelt, die als erste Karosserieversion zwei Tage später, also am 19. August 1966, in Produktion gehen sollte.
Außergewöhnlich waren die Probleme, die noch am Vorabend der Pressevorstellung in Göteborg gelöst werden mussten: Insgesamt drei Vorserienfahrzeuge des Volvo 144 wurden in Kisten verborgen per Kran in den Veranstaltungsraum befördert. Dies gerade als die Polizei einen Hinweis erhielt, dass sich zwei gesuchte Polizistenmörder im Publikum eines benachbarten Kinos befinden könnten. Als das Kino evakuiert werden musste, fiel es Volvo schwer, die Vorbereitungen für das Presseevent noch mit der notwendigen Geheimhaltung abzuschließen.
Als das Volvo Management mit Gunnar Engellau als CEO im Juni 1960 das Lastenheft für das neue Projekt P660 – den späteren Volvo 140 – beschloss, war der schwedische Hersteller dank der Modelle Volvo PV444/PV544 und Volvo P120 Amazon bereits eine etablierte Marke. Die unter dem Code P660 entwickelte Baureihe sollte Volvo ab 1966 endgültig unter den globalen Volumenherstellern des Premiumsegments etablieren, deshalb wurde der Volvo 140 nicht nur in dem erst zwei Jahre zuvor eröffneten schwedischen Stammwerk Torslanda gebaut, sondern wenig später zusätzlich im neuen Werk Gent in Belgien und auch in Nordamerika. Das Lastenheft für den Volvo 140 sah außerdem vor, dass der designierte Nachfolger des Volvo P120 Amazon wie sein Vorgänger weltweit Maßstäbe in Qualität und Sicherheitstechnik setzen sollte. Tatsächlich verfügte der Volvo 140 sogar über denselben Radstand wie der Volvo P120 Amazon und auch der Volvo PV544, bot aber dennoch deutlich mehr Raum und Komfort für vier bis fünf Passagiere.
Wie schon der Volvo P120 Amazon wurde auch der neue Volvo 140 unter dem legendären Volvo Chefdesigner Jan Wilsgaard entworfen. Trotz einer vollkommen neuen Designsprache erinnert der Volvo 140 in verschiedenen Details wie dem anfänglich zweigeteilten Kühlergrill, den vertikalen Rückleuchten und einer kräftigen Schulterlinie unterhalb der Fenster an den Volvo P120 Amazon. Vor allem aber gelang es Jan Wilsgaard mit dem modern gezeichneten Volvo 144 ein neues, unverwechselbares Markendesign zu kreieren, das entsprechend der Ideale der 1960er Jahre der Funktion Vorrang einräumte. Dazu zählten das großzügig dimensionierte Interieur ebenso wie großflächige Fenster. Die kantig-klassischen Konturen des Volvo 140 zusammen mit dem charakteristischen dritten Seitenfenster machten die Marke fortan für Automobilfans wie für alle Laien sofort erkennbar.
Nicht nur die Designsprache für den Volvo 140 war neu, auch die Typenbezeichnungen wurden geändert. Die dreistelligen Typencodes indizierten fortan mit der ersten Ziffer die Modellreihe, mit der zweiten die Zylinderanzahl und mit der dritten die Zahl der Türen.
Auf den Serienstart des viertürigen Volvo 144 folgten im Frühjahr 1967 die zweitürige Limousine Volvo 142 und zum Modelljahr 1968 der fünftürige Kombi Volvo 145 mit damals rekordverdächtig großem, bis zu rund 1,90 Meter langem Laderaum. Abgerundet wurde das Modellprogramm Ende 1969 durch den fünftürigen Volvo 145 Express, der mit erhöhter Dachlinie ab der B-Säule fast einen Meter Laderaumhöhe bot und vor allem als Schnelltransporter beliebt war. Angetrieben wurden alle Volvo 140 von Vierzylindern. Anfangs war es der berühmte 1,8-Liter-B18-Benziner aus dem Volvo P120 Amazon mit 55 kW / 75 PS oder 74 kW /1 00 PS in Doppelvergaser-Spezifikation.
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