Benjamin Leuchter (28), Rennfahrer und Instruktor der Volkswagen Driving Experience, prüft ein letztes Mal den Luftdruck der serienmäßigen 19-Zoll-Semi-Slicks. 1,9 bar vorn, 2,15 hinten. Die 235/35er Michelin-Reifen sind „angefahren", wie der Motor auf Temperatur. Leuchter setzt den Helm auf, gibt Karsten Schebsdat ein Handzeichen: „Bin bereit". Schebsdat ist Leiter der Volkswagen Fahrwerkabstimmung, gehört zum Team, das den 265 km/h schnellen Golf GTI Clubsport S entwickelt hat.
Jetzt wollen sie wissen, was ihr Baby draufhat. Wie schnell dieser GTI auf der anspruchsvollsten Rennstrecke der Welt unterwegs sein kann. Schebsdat klopft Leuchter auf den Helm. Der startet den Wagen, aktiviert in der Fahrprofilauswahl den Modus „Individual" und damit das Nürburgring-Nordschleifen-Setting. Spezielle Kennlinien für den Motor, die Lenkung und die adaptive Fahrwerksregelung DCC . Auf der Nordschleife gibt es eine einzigartige Kombination aus Kurven und Bodenwellen. „Um hier den Rekord zu brechen, muss der GTI schnell in den Kurven sein und gleichzeitig Bodenwellen und Sprünge meistern", erklärt Leuchter beim Schließen der Fahrertür. Der Clubsport S ist darauf spezialisiert. Zeitmessung per Lichtschranke. Leuchter fährt aus der Boxengasse. Eine Runde. 20,832 Kilometer. Fliegender Start. Die Zeit läuft. Der Clubsport S fliegt in den Bereich Hocheichen. 4. Gang, bis knapp über 190 km/h. Voll raus, längeres Stück geradeaus, runter zur Quiddelbacher Höhe, dann Flugplatz. Doppelte Rechtskurve, sehr schnell. 5. Gang; der reicht bis 216 km/h. Bordfunk: „Darauf achten, dass man früh wieder am Gas ist, denn jetzt geht es in Richtung Schwedenkreuz." Leuchter bleibt auf der Ideallinie. „Hochschalten in den 6. Gang." Mit fast 240 km/h fliegt der Clubsport S über die Sprungkuppe am Schwedenkreuz. „Das Auto schluckt das alles super, federt aus und setzt sich sofort wieder. Zurück in den 5. Gang. Backfire aus der Abgasanlage. Jetzt links ins Schwedenkreuz. Anbremsen. 3. Gang. Aremberg und ab in die Fuchsröhre. Leuchter: „Das geht alles Vollgas. Man ist sehr schnell. Aber am Eingang der Fuchsröhre muss der Wagen perfekt ausgerichtet werden". Der GTI erreicht den Adenauer Forst. Richtung Metzgesfeld. Schnelle Linkskurve. Da der GTI deutlichen Abtrieb hat, bleibt er auf Rekordkurs. Wehrseifen. Fast Halbzeit nach rund 9 Kilometern. 3. Gang. Breitscheid. Ex-Mühle. Eine schnelle Bergauf-Rechts. Leuchter holt jene Zehntel die man braucht, um schneller als alle anderen zu sein: „Normalerweise untersteuert ein Fronttriebler hier. 3. Gang. 27 Prozent Steigung. Das Karussell. Leuchter: „Betonplatten, sehr wellig, der GTI versetzt auch hier nicht." Hohe Acht. Jetzt wird die Eifel alpin und die Nordschleife immer anspruchsvoller. Leuchters Lieblingspassage: „Jeder Meter von der Hohen Acht runter bis zum Bereich Brünnchen fordert Auto und Fahrer. Beispiel Wippermann: Da geht es sehr schnell rein. Links die Curbs leicht berühren, rechts dann voll drüber. Und auch dabei bleibt dieser GTI spurstabil. Das ist der Schlüssel für eine wirklich schnelle Runde." Schlussspurt. Pflanzgarten, die zweite Sprungkuppe. Der GTI hebt kurz ab, setzt sich, lässt sich sehr schnell durch die folgende Doppelrechts fahren. Leuchter: „Auch, wenn er ausgefedert ist, folgt der GTI der Lenkvorgabe." Kilometer 17, das Stefan-Bellof-S – Bellof fuhr ihn auf der Nordschleife, den Rekord für die Ewigkeit. Im Porsche 956.007. 650 PS. Leuchter folgt Bellof mit 340 PS weniger aber demselben Esprit. Schwalbenschwanz, Galgenkopf: „Der Galgenkopf ist für eine schnelle Runde mitentscheidend. Wenn ich da mit hoher Geschwindigkeit herausfahren kann, erreiche ich auf der Döttinger Höhe mehr als 250 km/h." Sekunden später pfeilt der Golf GTI Clubsport S durch die Lichtschranke. 07:49,21 Minuten. Nie zuvor hat ein frontgetriebenes Serienfahrzeug die Nordschleife schneller absolviert.
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