Mittwoch, 26. Oktober 2016 VW Sharan 2.0 TDI: In Familienangelegenheiten vorn dabei
Volkswagen Sharan 2.0 TDI. Foto: Axel F. Busse
Familien-Vans sind etwas aus der Mode gekommen, seit die Auto-Kunden ihre Liebe zum SUV entdeckten. Manche Hersteller haben sie sogar ganz aus dem Programm gestrichen, doch Volkswagen hält zum Sharan. Aus gutem Grund, wie unser Praxistest belegt.
Nach der ersten gemeinsam mit Ford entwickelten Sharan-Generation beschritten die Wolfsburger 2010 den Weg zu einer eigenen Van-Kreation, die ebenso wie die erste auch als Seat Alhambra erhältlich ist. Doch selbst das Facelift im vergangenen Jahr änderte nichts daran, dass der einstige Marktführer in Deutschland ein wenig an Akzeptanz verloren hat. In den ersten neun Monaten dieses Jahres konnte Opel mit seinem Zafira rund 1300 Neuzulassungen mehr verbuchen.
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„Dieselgate“ war für die Kunden dabei offenkundig nicht ausschlaggebend. Noch immer sind acht von zehn in Deutschland neu angemeldeten Sharan-Fahrzeuge mit einem Selbstzünder-Motor ausgestattet. Für diesen Test fährt deshalb die Variante 2.0 TDI mit 110 kW / 150 PS vor, der in der Highline-Ausstattung immerhin schon die stolze Summe von 40 225 Euro kostet. Möchte man ihn als Siebensitzer haben, sind es schon fast 43 000 Euro. Doch mit einer gleich teuren Limousine kann man weder eine Handballmannschaft zum Auswärtsspiel bringen, noch den Großeinkauf bei Ikea bewerkstelligen.
Bleiben wir gleich beim Möbeltransport: Das verpackte Billy-Regal und die anderen Kleinigkeiten erreichen den Innenraum durch die große Heckklappe, unter deren Schloss man auch mit 1,90 Metern Körpergröße bequem stehen kann. Die minimale Innenbreite des Laderaums – wenn alle Sitzgelegenheiten versenkt sind – beträgt 98 Zentimeter. An der Klappe ist die Öffnung 110 Zentimeter breit. Alle Kartons und Blumenkübel brauchen nur 66 Zentimeter hoch gehoben zu werden, dann sind sie drin. Die Schiebetüren bringen zwar einen Komfortgewinn, kosten aber mit elektrischer Betätigung auch 780 Euro extra.
Das ist noch vergleichsweise preiswert gegenüber dem 7-Sitz-Paket, das mit 2245 Euro zu Buche schlägt. Das Versenken bzw. Umlegen der Sitze (einschließlich Beifahrersitz-Lehne) kann man sich kaum bequemer und einfacher vorstellen, auch der Zustieg in die dritte Reihe ist erstaunlich verrenkungsfrei. Sonnenschutzrollos gibt es für die Scheiben der Schiebetüren (+115 Euro), jedoch nicht für die hinteren Seitenscheiben, was durchaus sinnvoll sein könnte, wenn man die absolut ebene und mehr als zwei Meter tiefe Ladefläche unkonventionell nutzen will. Mit einer Matratze belegt, kann das Transportabteil durchaus als Notunterkunft dienen. Auch an eine manuelle Entriegelung der Heckklappe von innen wurde gedacht.
Der Zwei-Liter-Motor trug seinen Teil zu diesem Gesamteindruck bei. Seine Leistung wurde gegenüber dem Modell von 2015 noch einmal um 10 Pferdestärken angehoben, so dass nunmehr 150 PS zur Verfügung stehen. Leise, aber zugstark ging er zu Werke, auch bei Dauertempo jenseits von 160 km/h fiel er nicht durch akustische Unmutsäußerungen auf. Dass er über mehr als 1000 Kilometer Teststrecke (davon etwa zwei Drittel Autobahn) ca. 1,7 Liter mehr Diesel je 100 Kilometer konsumierte als nach Datenblatt vorgesehen, lag im Bereich des erwartbaren Praxiszuschlags. Zuweilen nahm sich der Abstands-Tempomat einen unnötig harten Bremseingriff heraus, jedoch schmälert dies nicht den Nutzen dieser Einrichtung.
Fazit: Von einem Van erwartet man, dass er vielseitig und unkompliziert ist. Der Sharan erfüllt diese Erwartung in vollem Umfang. Wohnlich, bequem und zweckmäßig eingerichtet, verspricht er maximalen Nutzen und beansprucht dafür nicht mehr Raum als eine viertürige Limousine. Da es Extras und Assistenz-Systeme für jeden Geldbeutel gibt, ist der Weg zum individuellen Familienfreund leicht zu gehen. Eventuelle sportliche Ambitionen müsste man allerdings dem Zweitwagen überlassen. (ampnet/afb)
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