Als vor etwa einem Jahr die US-amerikanische VW-Niederlassung Volkswagen of America in Herndon/Virginia von Kathleens Liebe zu ihrem Käfer Wind bekam, beschlossen dort die Verantwortlichen, dem alten Auto eine außergewöhnliche Verjüngungskur zu verpassen. Die sollte dort über die Bühne gehen, wo bis 2003 der VW Käfer und später unter anderem der New Beetle und der Jetta produziert wurden, nämlich im mexikanischen Puebla, rund 150 Kilometer östlich von Mexiko-Stadt. Ein Team von 60 Mitarbeitern und Azubis kümmerten sich elf Monate lang intensiv um Annie und versetze sie nicht nur in ihren ursprünglichen Zustand, sondern spendierten der alten Dame ein paar außergewöhnliche Besonderheiten wie zum Beispiel Weißwandreifen.
„Uns kommen oft Geschichten von begeisterten Käfer-Besitzern zu Ohren“, erzählt Derrick Hatami, Vizepräsident für Vertrieb und Marketing von Volkswagen of America. „Aber die Story von Kathleeen und Annie war etwas ganz Besonderes, da mussten wir was tun – nicht zuletzt wegen Kathleen selbst. Mit dem Käfer hat unsere Geschichte in den USA begonnen. Aber dieser hier ist nicht nur ein gewöhnlicher Käfer, er ist vielmehr für Kathleen ein Familienmitglied geworden. Nachdem jetzt unsere Mitarbeiter mit ihm viel Zeit verbrachten, haben auch sie ihn lieb gewonnen.“
Mrs. Brooks kümmert sich beruflich um Brustkrebs-Patientinnen und war selbst dreimal von dieser schlimmen Krankheit betroffen. Sie berichtet, dass Annie mehr als fünf Jahrzehnte lang Gesprächsstoff für sie und andere Käfer-Fans geliefert habe, und immer sei ihr Auto für sie da gewesen: „Wir sind uns beide ziemlich ähnlich. Auch sie ist in die Jahre gekommen und hat ein paar Beulen. Der Lack ist ab, und Rost macht sich an allen Ecken und Enden breit. Aber wissen Sie was? Sie läuft und läuft und läuft“, lacht sie. „Und wenn ich mich so wie bisher um sie kümmere, wird sie auch weiter laufen.“
Doch Anfang 2018, kurz bevor sich VW der betagten Annie annahm, stand es wirklich schlecht um den Gesundheitszustand des alten Käfers. Die Bodenplatte war durchgerostet, Fahrwerk, Federung, Getriebe und Kabelstränge pfiffen auf dem letzten Loch. Das Restaurierungs-Team in Puebla bekam ganze Arbeit. Elf Monate gingen ins Land, bis rund 40 Prozent von Annies Teilen ersetzt und 375 Dinge restauriert waren – inklusive der Aufkleber, die Kathleen Brooks im Laufe der Jahre an Karosserie und Glasflächen angebracht hatte. Um die verblasste und stumpf gewordene Lackierung originalgetreu wieder herstellen zu können, orientierten sich die Restaurateure an der Farbe im Inneren des Handschuhfachs. Zuvor nahmen sie das Auto völlig auseinander und sandstrahlten sämtliche Blechteile.
Zusätzlich erhielt der Oldtimer manches Teil, von dem ein 1966er Käfer noch nicht einmal träumen konnte: Scheibenbremsen, ein Getriebe auf dem technisch jüngsten Stand, neue Kabelbäume und eine bessere Federung zum Beispiel. Eine Besonderheit ist das Radio. Das sieht zwar von außen so aus wie das Original von damals, war jedoch im Innenleben mit Stereo und Bluetooth auf dem Stand von heute. Der Motor wurde bis auf die kleinste Schraube zerlegt, gereinigt und völlig neu aufgebaut. Sogar die Sitze erhielten mit den Schriftzügen „Annie“ und „Kathleen“ eine persönliche Note. „Unser Ziel war es keinesfalls“, sagt Projektmanager und Mechatroniker Augusto Zamudio, "einen Käfer in Museumsqualität zu schaffen, sondern Annie in einen Zustand zu bringen, so dass Kathleen sie noch viele Jahre fahren und genießen kann."
„Als Annie ankam, haben unsere Teammitglieder schnell die Verbindung verstanden, die Kathleen mit ihrem Auto hat, und haben dieses Projekt mit ganzem Herzen verfolgt", erklärt Reiche. „Die Restaurierung dieses Wagens stellte uns vor eine Reihe von Herausforderungen.“ Doch die Anstrengungen haben sich gelohnt. Kurz vor Weihnachten erhielt die restlos glückliche Kathleen Brooks ihre Annie als vorzeitiges Geschenk zurück – perfekter als sie jemals war, auch 1966 nicht. (ampnet/hrr)
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