Mehrmals pro Woche landen im Februar Maschinen aus Frankfurt (Hahn), vor allem aber aus Hannover, Stuttgart sowie München und tauschen die Mannschaften für die Fahrzeug- und Reifenerprobungen aus. In dieser Zeit des Jahres springt die Anzahl der Einwohner von rund 4600 auf über 6000 Menschen und sorgt für ein weiteres wirtschaftliches Standbein der gesamten Region – neben der traditionellen Forstwirtschaft und Rentierzucht.
In der Nähe der hermetisch abgeschirmten Testgelände nutzen zahlreiche Hersteller die zugefrorenen Flächen des Arvidsjaursjön für die regelmäßigen Angebote ihrer „Driving Experiences“. Allein für Volkswagen können in einer Bucht des 10,1 Quadratkilometer großen Gewässers bis zu 40 verschiedene Rennstreckenvarianten mit einer Gesamtlänge von zehn Kilometern präpariert werden. Sechs Kreisbahnen mit 100 Metern Durchmesser und eine Dynamikfläche von 750 mal 150 Metern ergänzen die winterliche Fahrerlebniswelt. Für die muss die Stärke des Eises regelrecht gezüchtet werden: Immer wieder wird die Oberfläche von frischem Schnee befreit, damit die spiegelglatte Fahrfläche schneller die jeweiligen Fahrzeuge tragen kann. In dieser Saison drehen neben einer ganzen Rotte Volkswagen Golf R vor allem zahlreiche Arteon ihre Bahnen und mehr oder weniger kontrollierte Schleuderkreise.
280 PS (206 kW) aus dem 2,0-Liter TSI-Aggregat beschleunigen die allradgetriebene Oberklassenlimousine der Wolfsburger in 5,6 Sekunden auf 100 Stundenkilometer – auf trockener Fahrbahn. Auf dem zugefrorenen Arvidsjaursjön benötigt der mutige Fahrer nicht nur deutlich mehr Sekunden, sondern vor allem auch Spikes: Die zahlreichen zwei Millimeter langen Stahlstifte auf den speziellen Reifen bohren sich in das Eis. Dadurch erleichtern sie das Anfahren und bieten eine noch bessere Traktion gegenüber den in Mitteleuropa genutzten, normalen Winterreifen.
Nach einigen Brems- und Schleuderübungen auf den Freiflächen geht es raus auf eine der drei frisch präparierten Strecken. Gefahren wird – wie auf einer normalen Rennstrecke – ausschließlich in eine Richtung. Eine Boxengasse ermöglicht kurze Pausen oder eröffnet die Möglichkeit, das Feld der gut zehn Fahrzeuge zu entzerren, falls ein schnellerer Fahrer auf einen vorsichtigeren aufläuft. Je nach Verlauf der Strecke hat man rund fünf bis zehn Meter Eisfahrbahn mit einem leichten Schneeüberzug zur Verfügung, dann folgt ein erster kleiner Wall aus aufgelockertem Schnee. Wenn man Pech hat, genügt dieser aber bereits, um auf ihm rutschend aufzusetzen. Weitere zwei, drei Meter flach geräumter Schnee bilden einen letzten Notabstand zu einer härteren Schneewand, von der man sich eher fernhalten sollte.
Durch Einlenken und Anbremsen oder alleine durch einen Lastwechsel kann das Heck des Arteon auf diesem Geläuf zu einem kontrollierten Ausbruch gebracht werden. Kleinere Kurvenradien können so mit wechselndem Schwung und Gegenschwung des Fahrzeughecks durchfahren, beziehungsweise kontrolliert durchrutscht werden. 180-Grad-Kehren oder die Kreisbahnen können mit einiger Übung auch komplett quer gemeistert werden, so dass allen Teilnehmern der winterlichen VW Driving Experience fast ein ständiges Grinsen im Gesicht steht.
Nach einigen Runden traut man sich unweigerlich mehr zu, als die Strecke und der Grip an der jeweiligen Stelle zulassen. Das Ergebnis: Front oder Heck voran oder mit der Seite des Arteon erfolgt der Kontakt mit dem ersten oder auch zweiten Schneewall. Meistens kommt es nur zu Fontänen der weißen Pracht; Schäden entstehen in der Regel nicht beziehungsweise höchst selten und nach wenigen Augenblicken ist der Service-Touareg vor Ort und befreit Fahrer und Fahrzeug aus der misslichen Lage. Vereinzelt muss ein Kühlergrill von Schnee befreit werden, um die Kühlung des Motors nicht zu gefährden. Und schon kann der nächste wilde Ritt über das Eis in Angriff genommen werden.
Die „Driving Experience“-Angebote können über die entsprechenden Homepages gebucht werden. (ampnet/av)
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