Seit September 2022 gleitet über dem Flugplatz Dübendorf gelegentlich ein einmotoriges Kleinflugzeug fast lautlos durch die Luft. Nicht nur die Lärmemissionen sind sehr gering; auch CO2-Emissionen sind während des Fluges keine vorhanden. Möglich macht dies ein vollelektrischer Antriebsstrang, mit welchem das Flugzeug ausgestattet ist. Beim Flieger handelt es sich um die sogenannte e-Sling: eine Innovation, die emissionsloses Fliegen fast tagtäglich demonstriert. Dies ist jedoch nicht das einzige Alleinstellungsmerkmal der e-Sling, denn gebaut wurde das vierplätzige Flugzeug nicht etwa von einem renommierten Flugzeughersteller, sondern von ETH-Studierenden, welche sich in ihrem Bachelorstudium befanden.
Die ETH Zürich führt seit Jahren in den Studiengängen Maschinenbau und Elektrotechnik sogenannte Fokusprojekte durch. Dabei können interessierte Studierende während einem Jahr im Rahmen ihrer Ausbildung an einem Projekt mitarbeiten und so bereits früh im Studium wertvolle praktische Erfahrungen sammeln. So war auch die e-Sling ein solches Fokusprojekt, welches sich über zwei Jahre erstreckte und insgesamt 20 Studierende beschäftigte.
Die Grundlage für die e-Sling bildete eine Sling TSi des südafrikanischen Flugzeugherstellers Sling Aircraft, welche kit-basiert von den Studierenden zusammengebaut werden musste. Da die Sling TSi normalerweise mit einem Verbrennungsmotor und fossilen Brennstoffen betrieben wird, musste ein komplett neuer Antriebsstrang von den Studierenden entwickelt und gebaut werden, denn das grosse Ziel war ein emissionsloses Flugzeug. Der Antriebsstrang besteht aus einem Elektromotor inklusive Inverter, der Flugavionik und zwei flüssigkeitsgekühlten Hochvolt-Batterien. Die beiden Batterien wurden aus 2170 einzelnen Li-Ion Zellen aufgebaut und haben zusammen eine Kapazität von rund 44 kWh bei einer Maximalspannung von 718 V. Der Elektromotor wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Industriepartner e+a gebaut, hat eine Leistung von maximal 110 kW (150 PS) und eine beachtliche Drehmomentdichte von 22.5 Nm/kg.
Im September 2022 bestritt die fertig gebaute e-Sling nach unzähligen Bodentests den Jungfernflug. Im Anschluss an den Erstflug wird bis heute die Flugerprobung der e-Sling durchgeführt. Für viele der 20 beteiligten Studierenden war es enorm wichtig, dass die Fliegerei mit der e-Sling auch nach dem Erstflug weitergeht. Denn dieser war nicht nur der Höhepunkt, sondern markierte eben auch das eigentliche Ende der ETH-Fokusprojekte. Die Studierenden gründeten aus diesem Grund im Sommer 2022 den Verein CELLSIUS, welcher nun seit dem Erstflug den gesamten Flugbetrieb der e-Sling sicherstellt.
Der Verein CELLSIUS ist aber auch ein Studentenverein; während den zwei Projektjahren entstanden grossartige Freundschaften. Der Hangar 3 im Innovationspark Dübendorf, wo die e-Sling gebaut wurde, war für viele der Studierenden zwischenzeitlich fast ihr Zuhause, denn tagtäglich wurde bis tief in die Nacht gearbeitet. Doch neben dem vielen Arbeiten wird vom Verein auch das ‘Studentenleben’ gepflegt: Von kleinen Grill-Abenden, um den Vereinszusammenhalt zu stärken, bis hin zu Besuchen an grossen Messen wird alles geboten. So wird der Verein CELLSIUS inklusive e-Sling beispielsweise auch am 75 Jahre Jubiläum des Flughafen Zürichs mit einem grossen Stand vertreten. Denn der Verein ist sehr bestrebt, die e-Sling der breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, um aufzuzeigen, wie emissionsloses Fliegen heutzutage möglich ist.
Seit der Gründung des Vereins war der Wunsch nach einem eigenen Vereinsauto riesig. Sei es, um gefertigte Teile bei Firmen abzuholen, in den Baumarkt zu fahren, für die nächste Grillade einzukaufen oder eben auch, um die anfallenden Transporte bei Messeauftritten zu vereinfachen. Die Anforderungen waren gross; so sollte das Auto viel Laderaum bieten aber auch ganz wie die e-Sling vollelektrisch sein.
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