Montag, 5. August 2019 Toyota 2000 GT: Altes Eisen mit jugendlichem Elan
Toyota 2000 GT. Foto: Auto-Medienportal.Net/Toyota
Aktuelle Fahrzeuge mit dem Ruhm eines Klassikers aufzuladen, ist gängige Praxis im Personenwagen-Geschäft. Man denke nur an die französischen Versuche mit dem Namen „Deesse“. Dass der neue GR Supra legitimer Nachfolger des legendären Toyota 2000 GT sein soll, erscheint deshalb plausibel. Wie weit die Gemeinsamkeit der Verwandten bei mehr als 50 Jahren Altersunterschied tatsächlich reicht, zeigt eine Lustpartie auf pfälzischen Landstraßen.
„Da musst Du jetzt durch“, versucht der Reporter die Auto-Suggestion zu aktivieren, als er merkt, dass die Ehrfurcht Oberhand über die Neugier zu gewinnen droht. Das teuerste Auto, das er bisher als Testwagen bewegt hat, war ein Rolls Royce Phantom. Der kostet etwa eine halbe Million Euro plus Steuern. Würde irgendwo auf der Welt – zum Beispiel auf einer Auktion – ein Toyota 2000 GT angeboten, könnte der Verkäufer mit dem Doppelten dieser Summe als Erlös rechnen. Ein bisschen mehr Respekt und Konzentration scheint also angebracht.
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Von dem geschmeidig-eleganten Zweisitzer, der als erster Supersportwagen japanischer Herkunft gilt, wurden nur 351 Exemplare gebaut. Wie viele heute tatsächlich noch existieren, weiß niemand so genau, noch weniger, wie viele davon fahrbereit sind. Entsprechend selten erscheinen sie auf dem Oldtimer-Markt. Wer einen hat, behält oder vererbt ihn im Zweifelsfalle. Durch eine Verkettung glücklicher Umstände, so sieht es Toyota Deutschland, ist man dort in den Besitz von zwei Exemplaren gekommen. Und einer davon erfüllt nun einen lang gehegten Wunsch.
Einen Reihen-Sechszylinder bekam 1965 auch der 2000 GT, allerdings mit nur zwei Litern Hubraum. Yamaha war damals Kooperationspartner für das auf Kleinserienproduktion angelegte Projekt. Zur Umsetzung eines derartig emotionsgeladenen Prestige-Unternehmens schien die als Klavierfabrik gegründete Firma die notwendige Musikalität mitzubringen. Schließlich sollte der 2000GT die von europäischen Erzeugnissen dominierte Sportwagenszene aufmischen. Als Hersteller von Motorrädern und Rennmotoren hatte sich Yamaha bereits in den 60er Jahren internationales Ansehen erworben.
Weitgehend in Handarbeit wurde aus dem 2000 GT eine rollende Kultstätte des technisch Machbaren. Während sich der Fahrer an einem Armaturenträger aus Rosenholz erfreuen kann, der sieben Bordinstrumente mit Chromeinfassung beherbergt, sorgen die Einzelradaufhängung mit doppelten Querlenkern vorn und hinten sowie Scheibenbremsen auch heute noch für exzellente Straßenlage und Verzögerung. Einen Reihensechszylinder mit doppelter Nockenwelle zur Ventilsteuerung gab es 1965 nur noch bei Jaguar, die Verbindung mit einem Fünf-Gang-Schaltgetriebe war einzigartig. Drei Solex-Flachstromvergaser sorgen für die Gemischaufbereitung, bei 6600 Umdrehungen pro Minute leistete der Motor damals 150 PS.
Der Designer Saturo Nozaki setzte das damals geltende Schönheitsideal sportlicher Coupés in seiner Formensprache um. Die weit vor der A-Säule liegenden Türscharniere erinnern beispielsweise an den Jaguar E-Type, die Seitenlinie lässt an den Ferrari GTO denken und Freunde der Corvette können am Heck Reminiszenzen entdecken. Gleichwohl hat der nur 1,17 Meter flache Toyota einen so eigenen und unverwechselbaren Stil, wie ihn nur wenige spätere Modelle der Marke wieder erreichten. Imponiergehabe wie es sich oft in ofenrohrgleichen Auspuff-Enden manifestiert, hat der 2000GT nicht nötig: Kaum mehr als daumendick sind die beiden Auslässe, die sich an der Heckschürze frech in die Höhe recken. Einer überzeugenden Akustik tut dies keinen Abbruch.
Die Klappscheinwerfer waren zunächst gar nicht vorgesehen, mussten jedoch nachträglich in das Konzept integriert werden, weil die sichtbaren Hauptlampen für US-amerikanische Zulassungsvorschriften zu tief angebracht waren. Dies alles verteuerte das Auto erheblich. Als es auf den Markt kam, kostete es rund 2,5 Millionen Yen, wofür man damals zwei Oberklasse-Limousinen vom Typ Toyota Crown kaufen konnte.
Hat man im engen Fußraum seine Treter sortiert und den Beckengurt einklicken lassen, geht es erstaunlich bequem zu. Selbst das Getriebe verlangt kein suchendes Herumrühren, nur der dritte Gang ist auffällig weit rechts zu finden.
An Drehfreude hat das alte Eisen des Motors trotz seiner 52 Lebensjahre nichts eingebüßt, mit jugendlichem Elan strebt die Nadel dem roten Bereich zu. Dass nur 175 Newtonmeter Drehmoment anliegen, mag man gar nicht glauben. Aber es sind inklusive Insassen kaum mehr als 1300 Kilogramm zu bewegen.
Zum authentischen 60er-Jahre-Sportwagenerlebnis gehören nicht zuletzt die wiederkehrenden Fehlzündungen beim Runterschalten, die heutzutage gern als Fake auf elektronischem Wege eingesteuert werden. Das erfrischend unverfälschte, ein wenig raubeinige, aber extrem unterhaltsame Fahrgefühl hat nur eine traurige Komponente: Mit jedem Kilometer nähert sich der Testfahrer einem Ereignis, das er lieber noch ganz weit wegschieben würde – dem Erreichen des Zieles. (ampnet/afb)
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