Bislang war es bei BMW so, dass sich das Unternehmen vor allem auf die langfristige Entwicklung in Produkte und Markenimage konzentriert hat; die Rendite galt als zweitrangiges Ziel. Der Kurswechsel des neuen BMW-Chefs erweckt doch leicht den Eindruck, auf die hektische Kurzatmigkeit von Quartalsdenken zuzusteuern. Dieser radikale Kulturwechsel findet im Unternehmen mehr kritische als befürwortende Stimmen. Mehr als 40 Jahre hatte es gedauert, das Unternehmen vom kleinen Hersteller mit Wurzeln im Kleinwagensegment (BMW Isetta) zum Hersteller imagestarker Premiumfahrzeuge zu machen, dessen Produkte weltweit so begehrt sind. Die Marke strahlt Prestige aus, gilt als hoch innovativ, dynamisch und sehr attraktiv. Diese starke Markenwahrnehmung ist Teil des Erfolgs, denn die Kunden wollen sich gern mit diesem Image schmücken. "Die neue Richtung führt ganz sicher zu einem Erosionsprozess des Markenimages. Aber wenn das für alle sichtbar ist, wird Herr Reithofer schon im Ruhestand sein. Dann hat er vielleicht die Rendite auf neue Rekordwerte getrimmt, aber die Marke BMW zu einem beliebigen Autohersteller downgesized", sagt ein Ex-BMW-Vorstand. Dabei geht es bei der Neuausrichtung nicht nur um die Rendite. Der jetzt offiziell bekannt gegebene Stellenabbau lässt auch eine Neuausrichtung in Bezug auf die Kommunikationsphilosophie erkennen. Denn mit der Bekanntgabe des Stellenabbaus wurde gleich bagatellisierend nachgeschoben, dass es sich dabei überwiegend "nur" um Zeitarbeiter handle, die ja in den Zeitarbeitsfirmen ihren Job behalten würden. "Das ist so nicht richtig", sagt ein Insider, "denn viele dieser Zeitarbeitsfirmen können Zeitarbeiter ohne Auftrag ja auch nicht weiter beschäftigen und werden ihnen ebenfalls kündigen. Solche Kommunikationstricks hat das Unternehmen früher nicht nötig gehabt." Schon jetzt zeichne sich ab, dass die Begehrlichkeit der Produkte nachlasse. "Wir haben die Autos, aber nicht immer die Käufer dafür", sagt eine Führungskraft. Und wenn dann das Image noch schwächer werde, seien immer weniger bereit, Premiumpreise zu bezahlen. Die Sparwelle lässt auch die M GmbH nicht ungeschoren. Sie werde nun am ganz kurzen Zügel geführt. Wo früher auch mal verrückte Experimente gewagt wurden, ist nun Schmalhans Küchenmeister. Selbst Motorenphilosophien wie das Hochdrehzahlkonzept bei M sollen über Bord geworfen und durch preiswertere Lösungen wie Turboaufladung ersetzt werden. Das ist zwar nur ein winziges Detail, lässt aber auf die gesamte Situation schliessen. "Überall stöhnen die Budgetverantwortlichen, dass sie keinen Spielraum für wirklich innovative Experimente mehr hätten. Das wird sich früher oder später auch beim Kunden bemerkbar machen", warnt ein Ingenieur. Reithofer will aber seinen Kurs beibehalten. In jedem Meeting wird über das neue Sparprogramm geredet, "damit wir nichts mehr tun, ohne daran zu denken". Dies lähme die Kreativität, "weil wir nur noch darauf achten, Budgets einzuhalten, anstatt nur darauf, die Produkte noch besser, attraktiver und begehrenswerter zu machen". Der Ingenieur ist aber optimistisch: "Wenn das Sparen in den Produkten Wirkung zeigt, bin ich im Ruhestand. Ich hoffe aber jeden Tag, dass unser Chef sich doch noch von der Rendite als allein selig machende Komponente im Autogeschäft verabschiedet." Von Hans-U. Wiersch
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