Und nun das: Aus dem Appendix „Cupra“ wird die Performance-Marke von Seat, wie AMG bei Mercedes-Benz, nur eine Nummer kleiner. Bei Lichte besehen passt der Name zum Marketingplan, denn bei ihm handelt es sich um eine Zusammenziehung der beiden englischen Wort „cup“ und „racer“ – nicht zu verwechseln mit dem Café Racer bei den Motorrädern. Denn obwohl der Leon über vier Cupholder verfügt, ist hier von einem anderen Genuss die Rede als von dem belebenden Bohnengebräu. „Cup“ steht eben nicht nur für Tasse, sondern auch für den Pokal, den man bei Wettfahrten erringen kann. Angesichts des 300-PS-Leons wäre allerdings eher peinlich, wenn die mit ihm gewonnenen Pokale in die Holder passten.
Da nutzen wir die Cupholder doch besser nur für Kaffeebecher, angesichts der Querbeschleunigungen, die der Allradler in Kurven aufbauen kann, am besten solche mit dicht verschließendem Deckel. Die 19-Zöller mit dem extrem flachen 35-er Querschnitt zeigen schon im Stand dem Betrachter, was das Fahrwerkpaket „Cupra“ aus elektronisch gesteuerten Stoßdämpfern, adaptiver Fahrwerksregelung, mechanischer Differenzialsperre an den Vorderrädern, Progressivlenkung, der Fahrprofilauswahl mit fünf Stufen und Allradantrieb in den Kurven an Agilität und Kurvengeschwindigkeit tatsächlich aufzubringen vermag.
Die Lenkung greift willig, präzise und – im Gegensatz zum Ur-GTI – ohne Untersteuern zu. Das Fahrwerk mit seiner automatischen Anpassung an die Straßenverhältnisse stellt über alle Beläge das Gefühl her, stramm und sportlich zu arbeiten, ohne die Insassen mit Hektik oder Härte aus der Ruhe bringen zu wollen. Die Sportsitze „Cupra“ passen zu diesem Auftritt. Sie geben guten Seitenhalt auf eine bequeme Weise und unterstreichen mit der Lederoptik, dass sie in die Zeit passen.
An Fahrer-Assistenzsystemen hat der Leon das an Bord, was der Konzern der Golf-Klasse zugedacht hat: vom Abstandregeltempomat mit Stauassistent, dem Umfeldbeobachtungs-System Front Assist samt Notbrems-Assistent und Fußgängerschutz, Verkehrszeichen-Erkennung bis hin zur LED-Technik auch in den Scheinwerfern. Innen fehlt das Karo des Ur-GTI. Das wird seinen Verwandten mit dem VW-Zeichen vorbehalten.
Weniger zurückhaltend agiert der Motor, jedenfalls dann, wenn seine 300 PS gefordert werden. Dann greift er zu und teilt das den Insassen auch laut knurrend mit. Sonst schnurrt der Vier-Zylinder-Turbo eigentlich eher und fällt dadurch auf, dass er zwar schnell, aber immer sensibel auf Bewegungen des Fahrpedals reagiert. Dazu passt das Sechs-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, dass den Fahrer nicht bei scharfer Gangart mit einem Schaltruck zur Unzeit verblüfft und sich sonst mit schnellen, aber sanften Schaltungen angenehm im Hintergrund hält. Wer das so will, kann den Cupra in 6,4 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen und die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h ausfahren. Der kann allerdings nicht ernsthaft davon ausgehen, dass er mit seinen Verbrauchswerten in die Nähe des NEFZ-ermittelten Durchschnittsverbrauch von 6,9 Litern auf 100 km kommt.
Wer das Maximum erleben will, sollte dafür auf die Rennstrecke gehen. Dort kann er das ESP in zwei Stufen runterfahren, voll drauftreten und so die Grenzen der Physik am eigenen Leibe erleben. Dann wird der Verbrauch gut zweistellig. Aber nach ein paar Runden, zieht – jedenfalls bei uns – das Gefühl ein, mit dem Seat Leon Cupra das falsche Umfeld ausgewählt zu haben. Der kann zwar beeindruckend Kurven räubern, aber seine Welt ist nicht der Rundkurs, sondern der Alltag, in dem sein Fahrer alle Chancen fürs schnelle Fortkommen nutzt, wenn sie sich bieten. Ein Cupra-Fahrer kämpft um den Cup der guten Hoffnung, die nächste Kurve möge seine sein. (ampnet/Sm)
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