In den sozialen Netzwerken, im Internet und in Fachzeitschriften herrscht das ganze Jahr über Jagd auf Erlkönigfotos neuer Modelle. Bilder sind dort viele zu sehen, ungetarnte Fahrzeuge aber eher die Ausnahme. Meistens sind die Prototypen, die bei Testfahrten auf öffentlichen Strassen erwischt werden, sorgfältig mit mehr oder weniger psychedelisch gestalteten schwarz-weissen Folien beklebt. Sinn und Zweck des Ganzen: Die Neuheiten sollen vor neugierigen Blicken geschützt werden, um den Überraschungseffekt bei der offiziellen Enthüllung nicht zu verderben.
Die Tarnfolien verbergen oder verzerren die typischen Linien und Designelemente eines neuen Modells. Dies betrifft meistens den Kühlergrill, die Kanten der Kotflügel, die Motorhaube, die Scheinwerfer und das Markenlogo. Renault macht da keine Ausnahme: So stolz die Designteams der Marke auf ihre Schöpfungen auch sind, müssen sie dennoch ihre Arbeit bis zum Enthüllungstermin geheim halten.
„Mit unserer Tarnung wollten wir die letzten Testphasen des neuen Renault Austral zu einem wesentlichen Bestandteil der offiziellen Enthüllung machen und gleichzeitig die neue visuelle Identität der Marke transportieren.“ François, Lead Designer, Group Brand Identity Studio, Renault
Für die „Vorpremiere“ des Renault Austral hat François eine einzigartige Folie entworfen, der den Look des Fahrzeugs keineswegs beeinträchtigt. Trotz der auffälligen grafischen Linien erfüllt sie ihre primäre Funktion bestens: die Tarnung des Fahrzeugs. Aber sie tut dies mit Stil!
Es gibt zwei Methoden, wie die Automobilhersteller ihre Kreationen vor der Öffentlichkeit verbergen: falsche Anbauteile, die die wahre Form des Fahrzeugs verbergen sollen, und Folien, die sich wie eine zweite Haut über die Karosserie legen. Renault verfolgt beim neuen Austral den zweiten Weg. Während der Gestaltung der Tarnfolie für den Kompakt-SUV stellte sich François immer wieder die gleichen Fragen: „Warum etwas Schönes hinter einer hässlichen Fassade verstecken?“ und: „Warum Kunst nicht mit Kunst verbergen?“
Die Lösung, die er fand, ist über 100 Jahre alt und hat ihre Wurzeln im Ersten Weltkrieg. Damals verwendeten britischen und amerikanische Kriegsschiffe eine Tarnung namens „dazzle“ oder „razzle dazzle“. Die Schiffe waren vollständig mit grafischen Mustern in Schwarz-Weiss bemalt. Der starke Kontrast sollte die Perspektiven verzerren und das Licht brechen. Um die Linien des neuen Austral aufzulösen, liess sich François vom Grundprinzip der „Dazzle“-Malerei inspirieren: dem starken Kontrast von Schwarz und Weiss.   Von Beginn an arbeitete er ausserdem mit den neuen Markencodes von Renault, insbesondere mit dem vor Jahresfrist erneuerten Markenemblem. Der Rhombus ist eine Ikone, die das Spiel mit kontrastierenden Linien und Farben begünstigt. François nutzte ihn als Inspirationsgrundlage und schuf zusätzlich durch das Spiel mit Grössenverhältnissen ein eindrucksvolles Motiv. Die Originalität, die Ästhetik und die Modernität der neuen visuellen Identität von Renault nutzte er geschickt, um die Marke zu inszenieren und gleichzeitig die unverwechselbaren Formen des neuen Austral zu verwischen. Ergänzend verstärken grafische Elemente in fluoreszierender Farbe die Gesamtwirkung auf der Strasse.
Die Muster sind im vorderen Bereich kleiner und werden zum Heck hin grösser, um dort die besonders ausdrucksstarke Linienführung zu betonen. Zusätzlich arbeitete François an der Rückseite verstärkt mit Unterbrechungen und Überschneidungen. Den Kühlergrill und die Lichtsignaturen, insbesondere hinten, verwischte er ebenfalls mit Hilfe der Grafik.
EINE TARNUNG, DIE GESEHEN WERDEN SOLL Das Tarnkleid des neuen Renault Austral besteht nicht aus einer einzigen Folie, sondern aus einzelnen Teilen, die perfekt auf die jeweiligen Karosseriepartien zugeschnitten sind und wie ein riesiges Puzzle zusammengesetzt werden. Beim Erstellen der einzelnen Segmente half ein 3D-Modell des Fahrzeugs.
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