Mittwoch, 30. Juni 2010 Renault Grand Scénic dCi 130 FAP: Flairfrance
Elegante Erscheinung mit Karosseriekonturen, die auf flotte Fortbewegung schließen lassen. Foto: B. Riedel/auto-reporter.net
Créateur d´Automobiles – Mittelpunkt der Renault-Werbung. Zu prüfen, wie überzeugend solchem Anspruch mit einer konkreten automobilen Kreation der Marke entsprochen wird, hat eigenen Reiz. Die Probe aufs Exempel wurde mit einem Grand Scénic dCi 130 FAP gemacht. Im Fall des Testwagens gingen also 96 kW(130 PS) eines Common-Rail-Diesels mit 1,9 Liter Hubraum zur Sache. Nicht aber die Kraftentfaltung war es, die überraschte. Imponieren konnte die wohltuende Laufruhe des modernen Selbstzünders. Sympathisch dessen früh anpackendes Durchzugsmoment, 300 Nm ab 1.750 U/min, und die Genügsamkeit, die sich, das sei gleich vorausgeschickt, in „amtlich“ ermittelten einsatztypischen Durchschnittswerten niederschlägt. Sie bewegen sich zwischen 6,8, 5,0 und 5,6 l/100 km (innerorts, außerorts, kombiniert). Renaults Randnotiz: Man mache die Rechnung ausdrücklich ohne Klimaanlage, die den Verbrauch um 0,2 l/100 km erhöhe.
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Maßgeblich geprägt wird der stolze Grand Scénic vom Ideenreichtum der Designer, die für Wohlfühlatmosphäre sorgten und außergewöhnlichen Nutzwert im Blick hatten. Letzterer gipfelt im Angebot, auch die Ausstattung mit sieben Sitzplätzen wählen zu können. Doch nicht dass, sondern wie (!) sich der 4,56 Meter messende „Grand“ bei Bedarf zu einem Siebensitzer verwandeln lässt, ist der imponierender Knackpunkt. Das 2er-Sitzpaket kostet 700 Euro. Der sympathische Hokuspokus gelingt ohne jede Kraftanstrengung mit ein, zwei Handgriffen, denn die beiden Sitze der hintersten Reihe „falten“ sich gewissermaßen von allein auf. Damit schrumpft allerdings das Gepäckraumvolumen von rund 700 auf 208 Liter. Im Normalfall ist der verfügbare Stauraum ein großzügiges Angebot, zumal der Gepäckraumboden tischeben ausfällt. Auf gut 2.000 Litern kann das Gepäckraumvolumen wachsen, wenn nur Fahrer und Beifahrer an Bord sind.
Bei Automobilen sind salopper Auftritt und erfreuliche Zweckmäßigkeit nicht unbedingt immer eine faszinierende Einheit. Renaults eleganter Grand Scénic durchbricht Vorbehalte. Er macht eine gute Figur, zeigt beim Fahrverhalten imponierende Manieren und kann bei Bedarf gewissermaßen alles sein: komfortable Limousine, geräumiger Kombi (gegebenenfalls bei einzeln ausgebauten Fondsitzen) oder eben auch siebensitziger Komfort-Kleinbus. Kurzum ein Van mit Platzreserven für alle Fälle und durchdachten Angeboten für die eine oder andere Bequemlichkeit.
Das Innenleben des Grand Scénic, sehr einladend gestaltet, präsentiert sich im besten Sinne des Wortes als so etwas wie eine „gute Stube“, die auch längere Aufenthalte an Bord angenehm macht. Oberklasse-Niveau haben zahlreiche Details: die Zweizonen-Klimaautomatik etwa, das 3D-Soundsystem mit acht Lautsprechern und Bluetooth-Schnittstelle, das Navigationssystem Carminat TomTom, die akustische und visuelle (!) Einparkhilfe (mit Rückfahrkamera) oder das schlüssellose System Keycard Handsfree, das den Motor per Knopfdruck starten lässt.
Wer es vorzieht, öfter mit Tempomat zu fahren, wird begrüßen, dass die entsprechenden Funktionstasten fingernah an den Lenkradspeichen angeordnet sind. Es gibt (Ausstattung Dynamique und Luxe) sogar einen Tempobegrenzer, der den Fahrer über einen Widerstand im Gaspedal spüren lässt, dass das zuvor eingestellte Tempolimit erreicht ist.
Über die grundsätzliche Gestaltung des Cockpits lässt sich streiten. Einfach nur ungewohnt ist, wenn der Fahrer keine üblichen Anzeigen in Gestalt von Rundinstrumenten in der Blickachse direkt vor sich wahrnimmt. Stattdessen übernimmt die grundsätzlichen Informationen für den Fahrer im Grand Scénic ein Multifunktionsdisplay in der Mitte des Cockpits. Dort werden sie gut erkennbar präsentiert; nicht allerdings das blasse Drehzahlmesserband, das nur bei genauem Hinsehen zu erkennen ist. Zu winzig ist auch die Schaltempfehlung ausgefallen. Sofort ins Auge fällt dagegen die digitale Geschwindigkeitsanzeige. Möglicherweise tragen die großen Zahlen dazu bei, Tempolimits besonders gewissenhaft einzuhalten.
Erhöhte Sitzposition und Sitzbequemlichkeit lassen selbst bei mehrstündigen Fahrten nicht nach Pausen verlangen.
Dass im Grand Scénic gelegentlich sieben Personen Platz nehmen, war auch bei der Auslegung des Fahrwerks zu berücksichtigen. Renault hat den fälligen Kompromiss beim Federungsverhalten zwischen angenehm komfortabel und ausreichend straff gut hinbekommen. Das Fahrwerk des großen Scénic (22 cm länger als beim Scénic) besiegt im Großen und Ganzen auch Straßenunarten. Unebenheiten federt es so ab, dass man fast bereit ist, schlechten Straßenzustand hinzunehmen. Bei betont flottem Fahrstil, den die stabile Straßenlage erlaubt, macht sich im oberen Tempobereich auf der Autobahn Windanfälligkeit des Aufbaus bemerkbar, die zu kleinen Lenkkorrekturen veranlasst.
Renaults Grand Scénic trägt seinen Namen zu Recht. Er ist in der Tat ein Großer unter den Vans. (auto-reporter.net/Wolfram Riedel)
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