Donnerstag, 15. März 2012 Porsche Boxster: Klassenprimus
Boxster S
Boxster – die dritte. Auf dem Genfer Salon steht sie schon, die dritte Generation des Porsche Boxster, in Deutschland kommt er in den nächsten Tagen zu den Händler, und wir hatten jetzt Gelegenheit, ihn schon einmal gründlich ranzunehmen, um der Frage nachzugehen, was bringt der neue Porsche für Markeneinsteiger und seine Fans? Porsche hat darauf eine Antwort, wie sie in Sportfahrerkreisen gut ankommt: Die Nordschleife umrundet er zwölf Sekunden schneller als bisher, in 7:58 Minuten. Schneller ist er also, leichter auch, noch agiler, stärker und sogar um bis zu 15 Prozent sparsamer. Die Zeiten auf der Nürburgring Nordschleife wird er aber auch als stärkere S-Variante nicht ohne die Optimierungsmöglichkeiten geschafft haben, die Porsche gegen Aufpreis bereit hält: das überarbeitete Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (PDK), das Sport Chrono Paket mit dynamischen Getriebelagern oder der „Sport-Plus“-Taste samt Launch Control.
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Wir hatten keinen solch hochgerüsteten Porsche S zur Verfügung und auch nicht die Nordschleife vor uns. Unser handgeschaltetes Exemplar mit der Sechs-Gang-Schaltung, dem Torque Vectoring und den 20-Zoll-Rädern brachte uns auch so schon sehr überzeugend durch die Seealpen oberhalb Nizza. 360 Newtonmeter maximales Drehmoment, drei Liter Hubraum aus dem sechs Boxer-Zylindern, ein Leistungsgewicht von knapp über vier Kilogramm pro PS und das unglaublich spontane Einlenken, das Fahrwerk und die breite Spur mit den dicken Reifen am Heck garantieren Spaß an jeder Kurve.
Der Motor dreht bis 7800 Umdrehungen pro Minuten (U/min) und entwickelt seine beste Leistung von 232 kW / 315 PS bei 6700 U/min. Der Motor hat bei sportlicher Gangart also Gelegenheit genug, seinen kräftigen Klang zu entwickeln. Dabei muss es auch in den engsten Kurven gar nicht immer der zweite Gang sein. Der Hubraum zieht den Boxster S auch im dritten Gang noch rasch, aber eben unspektakulärer durch die Spitzkehre.
Der Boxster S hat also auch das Zeug zum Gleiter. Porsche fördert das noch; denn die Exemplare mit PDK – beim Boxster etwa jeder zweite – können jetzt auch Segeln. Wird der Gasfuß leicht gelupft, wird die Verbindung zwischen Motor und Getriebe unterbrochen. Der Boxster rollt. Das Segeln, ein Start-/Stopp-System für alle Modelle, ein Thermomanagement, die elektromechanische Lenkung und andere bedarfsgesteuerte Nebenaggregate sorgen für Zurückhaltung beim Verbrauch. Der Motor im Boxer S leistet 10 PS mehr und kommt auf 100 km (im Schnitt nach EU-Norm) mit 8,2 Litern aus; mit PDK sind es sogar nur 7,7 Liter. Der aus dem S-Motor per Downsizing entwickelte 2,7-Liter-Sechszylinder braucht 8,2 Liter bzw. 7,7 Liter und leistet 195 kW / 265 PS. Er beschleunigt – handgeschaltet – in 5,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h, der S schafft das in 5,1 Sekunden, mit PDK in 5,0 Sekunden. Der S erreicht 279 km/h Höchstgeschwindigkeit, der normale Boxster 264 km/h, der übrigens rund 11 000 Euro weniger als die S-Version kostet.
Beim Boxster geht es gar nicht so sehr um die Höchstgeschwindigkeit auf gerader Strecke, auch wenn der Geradeauslauf keine Wünsche offen lässt, was sicher auch mit dem um 60 Millimeter größeren Radstand zu tun hat. Auf jeden Fall empfiehlt sich der Boxster nicht nur für den sportlichen Ritt. Er kann zwei Personen auch gut als Reisewagen dienen. Die erleben ein zwar straffes, aber nicht hartes Fahrwerk und können in den beiden Kofferräumen immerhin 280 Liter Gepäck verstauen.
Das elektrische Verdeck stört nicht beim Laden der Reisetaschen. Das Dach faltet sich über dem Mittelmotor hinter dem Innenraum zusammen, übrigens in rekordverdächtigen neun Sekunden. Porsche hat dem Stoffdach akustisches Dämmmaterial mitgegeben und sagt, die Innengeräusche seien nun nur noch halb so hoch wie beim Vorgänger.
Bei einem Porsche wie diesem kann man sich der Versuchung kaum entziehen, zunächst über Technik und Fahren zu sprechen. Aber zur dritten Generation gehört auch eine Design-Betrachtung, denn Porsche hat den Boxster mit der neuen Karosserie nicht nur um 30 Kilogramm leichter gebaut, sondern auch die Proportionen verändert. Der Überhang vorn wurde um 27 Millimeter kürzer, die Gesamtlänge wuchs um 32 Millimeter, die vordere Spur legt um 40 Millimeter zu, die hintere um 18 Millimeter. Die Frontscheibe wurde um 100 Millimeter weiter vorn angesetzt und steht nun flacher.
Das breite Gesicht mit den großen Lufteinlassen, den spitz zulaufenden und den aufgeblasenen Backen der Kotflügel, in dem die 20 Zöller scheinbar naturgegeben zuhause sind, die wie beim berühmten 917-Rennwagen übereinander stehenden Lampen im Scheinwerfer, die nun auch schon in den Türen ausgepägten seitlichen Lufteinlässe für den Mittelmotor, das neue Heck mit einem geschickt integrierten ausfahrbaren Spoiler und beim S die aus der Mitte des wagenbreiten Diffosors herausragenden beiden Endrohre – das alles unterstreicht den Anspruch: Dieser Boxster will Klassenprimus sein. (ampnet/Sm)
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