Und das Prinzip funktioniert: Weltweit sind mehr als 600 000 Cayennes verkauft worden, in China so viele, dass man Porsche dort für eine Geländewagen-Marke hält. Das traditionsträchtige Kürzel GTS erhielt der Cayenne schon in der ersten Baureihe, damals leistete ein V8-Saugmotor 298 kW / 405 PS. Die aktuelle Version verlässt sich auf einen doppelt aufgeladenen V6-Ottomotor, was jedoch nur geringfügig Gewicht gegenüber dem vormaligen Achtzylinder einspart, denn Turboräder und Gehäuse, Krümmer und Ladeluftkühler wiegen schließlich auch etwas. Dafür wirft das Aggregat 324 kW / 440 PS aus. In der Kunst, die einzelnen Modelle feinfühlig zu differenzieren und die Kennzahlen präzise abzustufen, geht kein Hersteller mit solcher Musikalität vor wie Porsche: Der GTS mobilisiert 600 Newtonmeter Drehmoment und damit mehr Durchzugskraft als der Standard-Diesel, jedoch weniger als der Turbo. 262 km/h Endgeschwindigkeit rücken ihn auf Rang drei der SUV-Bestenliste aus Stuttgart. Der Reiz des GTS, so verspricht Porsche, liege aber nicht so sehr in schnellem Geradeausfahren, sondern eher in der Querdynamik, die mit gazellenhafter Leichtigkeit ein Grinsen ins Gesicht des Fahrers oder der Fahrerin zaubern soll. Nun mag der Gazellen-Vergleich angesichts eines 2110 Kilogramm wiegenden Fünftürers gewagt erscheinen, doch das subjektive Fahrerlebnis ist tatsächlich erstaunlich leichtfüßig. Mit großer Spontaneität wird nämlich die Gashebelbewegung in Vortrieb umgesetzt, nur der Cayenne S braucht noch weniger Drehzahl, um den vollen Schub bereit zu stellen. Dafür hält der GTS sein Drehmoment-Maximum länger, und zwar bis 5000 Touren. Ein hohes Plateau auf dem Diagramm also, die Fahrspaß-Kurve verläuft parallel zu dieser Linie. Auf einem schneebedeckten Handling-Kurs sind die speziellen Qualitäten ohne großartige Vorkenntnisse oder Übung von jedermann erfahrbar. Eine leichtgängige, aber sehr präzise Lenkung vermittelt das Gefühl, die Fuhre jederzeit im Griff zu haben. Der Cayennne Turbo S hingegen, der nicht nur insgesamt mehr wiegt, sondern auch prozentual mehr Gewicht auf der Vorderachse hat, fordert aktiveres Eingreifen und lässt zudem geringere Rückstellkräfte im Volant wirken. Die schiere Kraft des 419 kW / 570 PS starken Topmodells scheint nach ständiger aufmerksamer Kontrolle zu gieren, soll sie sich nicht verselbständigen. Wo der GTS noch sensibel reagiert und die ersten zarten Versuche des Querfahrens auf Eis und Schnee mit wohlwollendem Wedeln der Heckpartie quittiert, mahnt der Turbo S zur Selbstzucht, denn nur zu leicht können mit nervösem Gasfuß zu viele Pferdchen auf einmal vom Zügel gelassen werden. In dem Fall bedarf es eines gewissen Könnens und fundierter Erfahrung, den Drift wieder einzufangen und in eine kontrollierte Gleitbewegung übergehen zu lassen. Wenn der GTS das Goldene Sportabzeichen ist, dann ebnet der Turbo S den Weg zur WM-Qualifikation. Zurückhaltung zu üben muss keine Minderung von Fahrfreude bedeuten. Der bullige Anzug des Turbo S von 800 Newtonmetern Drehmoment vermag ebenso zu begeistern wie der fette Sound aus vier Endrohren, die für beide Neu-Wagen die Begleitmelodie zum PS-Spektakel orchestrieren. Mit so viel Schmackes über die Piste gescheucht, dass die Eiskristalle nur so spritzen, sind es selten weniger als 20 Liter. Folgerichtig erzeugt der Turbo S die heftigste Nachfrage in China, den USA, dem Mittleren Osten und Russland. Genügsamer ist da schon der GTS, der mit 9,8 bis zehn Liter über den Prüfstand fährt und im wirklichen Leben ohne Spaßverlust mit 12 bis 14 Litern zu bewegen ist. Im Unterschied zum Turbo S, dem vorsichtshalber ein 100-Liter-Tank den Aktionsradius sichert, muss sich der Lenker des GTS mit einem 85 Liter großen Kraftstoffbehälter bescheiden.
Die schmerzvolle Realität: Der Schlüssel eines Cayenne GTS wird nicht ohne Bereitstellung von 98 152 Euro ausgehändigt, für den Turbo S sind 166 696 Euro fällig – ohne Extras, versteht sich. (amp/afb)
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