Freitag, 8. April 2016 Porsche 718 Boxster: 718 Lächeln im Gesicht
Porsche 718 Boxster S. Foto:Porsche
Porsche erneuert seinen Boxster. Der Roadster mit Boxermotor, das ist der Ursprung des Namens, bildet seit 20 Jahren das Einstiegsmodell bei den Sportwagen – in der Leistung mit kleinem Respektabstand zur Ikone 911, in Auftritt und Fahrspaß den-noch mit ähnlicher Strahlkraft, aber mit Preisen auf reichlich halbem Niveau auch für jüngere Käufer erreichbar. Die neue Generation „718“, ab Ende April im Handel, wird den Erfolg mit Sicherheit fortsetzen: stärker, sparsamer, mit noch mehr Reiz beim An-schauen und ganz besonders beim Fahren. Dem Erfolg werden auch die nochmals gestiegenen Preise (ab 53 646 Euro) nicht im Wege stehen. Sie sind stolz im Vergleich zu einem BMW Z4, Mercedes SLK, Nissan 370Z Roadster, erst recht zu den Cabrios wie Ford Mustang und Chevrolet Camaro. Für ein Jaguar F-Type-Cabrio, erst recht für die offene Corvette allerdings werden noch üppigere Summen aufgerufen.
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Jetzt also folgt die neue Version. Optisch ist sie ein größeres Facelift, unter dem Blech aber ändert sich Entscheidendes. Dies soll schon der neue Namenszusatz „718“ ver-deutlichen. Er soll an den im Sport sehr erfolgreichen Vorfahr von 1957 erinnern – die Zahl hatte damals keine strategische Bedeutung, sie stand lediglich für den Konstruktionsauftrag. Tiefere Bedeutung bekommt der Vorfahr durch seinen Motor: 1,5 Liter Hubraum, zwei Fallstromvergaser, vier obenliegende Nockenwellen, vier Königswellen, 109 kW / 148 PS – und ein Vier-Zylinder-Boxer. Auch unter der (gegenüber dem Vorgänger unveränderten) hinteren Haube des 718 Boxster steckt ein Vierzylinder. Vier Töpfe – für viele unvorstellbar in einem Porsche! Wo bleibt da der Dampf? Und wo der Klang? Gemach: Auch Zuffenhausen stöhnt unter kommenden Verbrauchs-Obergrenzen. Vier Zylinder verbrennen weniger als sechs. Und für die nötige Schubkraft sorgen Turbolader, beim Boxster S sogar mit variabler Geometrie (direkt dem 911 Turbo abgeschaut). So hat der kleinere, leichtere und vor allem sparsamere Vierzylinder – im Basismodell mit 2,0, im S mit 2,5 Litern Hubraum – mehr Leistung als der bisherige Sechszylinder mit 2,7 oder 3,4 Litern: 220 kW / 300 PS beim Boxster, 257 kW / 350 PS beim S.
Das sind jeweils 35 PS mehr als bisher. Vor allem aber sorgen die Turbolader für Dreh¬momente, von denen man bei gleich großen Saugmotoren nur träumen kann: 380 Newtonmeter bereits ab 1950 Umdrehungen pro Minute beim Boxster, 420 Nm ab 1900 U/min beim S. Das sind 100 bzw. 60 Nm oder 35 bzw. 17 Prozent mehr als bis-her, die noch dazu schon bei der halben Drehzahl anliegen. Verlangt der Sechs-zylinder Zurückschalten für vollen Krafteinsatz, so genügt jetzt ein simpler Tritt aufs Gaspedal.
Wer will, kann natürlich noch immer zurückschalten. Der Ton dabei ist eine Oktave tiefer als beim singenden Sechszylinder, verhalten in der Stadt und beim Mitschwim-men auf der Landstraße, im wahrsten Sinn des Wortes aufbrausend bei Vollgas und hoher Drehzahl. Bis 7500 Umdrehungen pro Minute sind erlaubt, die Turbos mit ihrer ausgeklügelten Regelung erlauben Freude am Drehen fast wie klassische Hochdrehzahl-Saugmotoren. Auch das Getriebe, sechs Gänge wie bisher, macht an: ganz kurze, leichte, exakt geführte Schaltwege. Oder man entscheidet sich gleich für die PDK, für die Porsche Doppel-Kupplung. Mit ihren nunmehr sieben Gängen macht sie ihren Job so perfekt, dass eigentlich nichts mehr für Handschaltung spricht. Sie ist sogar in der Beschleunigung vorn: 0–100 km/h mit „Launch-Control“ in 4,7 Sekunden bei 300 PS, sogar in nur 4,2 Sekunden bei 350 PS, 0,8 beziehungsweise 0,6 Se-kunden kürzer als bisher. Schlichtes Vollgasgeben ohne die reichlich prollige Vollgas-, Kuppel- und Schaltszenerie braucht 0,4 Sekunden mehr. Absolute Beschleunigungszeiten sind heute selbst bei einem Porsche so unwichtig wie die Höchstgeschwindigkeiten (275 km/h beim Boxster, 285 km/h beim S). Wie das im Gefühl sehr kompakte Auto in Kurven einlenkt, wie es herausbeschleunigt, wie es dabei kurz aufbrüllt, das zaubert immer wieder ein Lächeln ins Gesicht – auch in der letzten von 718 Kurven. Wem das Brüllen auf langen Strecken zu sehr die Ohren verstopft, der lässt es einfach etwas sanfter angehen – mit geschlossener Auspuffklappe und auf normal gestellten Dämpfern, von denen der Komfort spürbar profitiert. Keine Frage aber: Auf langen Strecken bietet der 911 das ungleich angenehmere Ambiente in Geräusch und Härte. Große Klasse sind dafür die Bremsen – für den kleinen Aufpreis von 7318,50 Euro auch mit Keramikscheiben.
Keine Frage: Der neue Boxster macht noch mehr Freude als der bisherige. Sie aller-dings will noch mehr als bisher bezahlt werden. (ampnet/fer)
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