Erfahrungen mit Hybrid-Fahrzeugen hat Porsche bereits gesammelt, der erste vollelektrische Porsche ist jedoch keine Ableitung einer bekannten Baureihe, sondern ein eigenständiges Modell. Dabei hat sich Porsche allerdings aus dem Baukasten des nur unwesentlich größeren Panamera bedient, insbesondere beim Fahrwerk.
Vom Platzangebot des Panamera ist der Taycan allerdings deutlich entfernt, und der hintere Kofferraum ist lediglich durch eine unterhalb des Rückfensters angeschlagene Ladeluke zugänglich. Immerhin gibt es einen zweiten, vorderen Kofferraum, der allerdings durch gegebenenfalls mitgeführte Ladekabel weitgehend ausgefüllt wird.
Vorne und hinten sitzt man tief und komfortabel, der optionale hintere Mittelplatz ist allerdings nur für Kurzstrecken zu empfehlen. Oberklasse-Raumgefühl wird nicht geboten, und das ist vor allem der eleganten Form mit dem tiefen, stark eingezogenen Dachaufbau geschuldet.
Vor dem Fahrer spannt sich ein ungewöhnlich gezeichnetes Cockpit auf, in dem futuristische Elemente wie der gebogene Bildschirm vor dem Fahrer mit unerwartet konservativen Stilelementen wie der beim Sport-Chrono-Paket aufgesetzten Stoppuhr kontrastieren.
Zwei Varianten bietet Porsche zum Marktstart an; sie hören auf die schöne Bezeichnung Turbo und Turbo S, die man als Verneigung vor der großen Verbrenner-Historie der Marke interpretieren könnte.
Für Vortrieb sorgt bei beiden Versionen jeweils ein Elektromotor an Vorder- und Hinterachse, wobei an der Vorderachse eine Übersetzung zur Verfügung steht, an der Hinterachse jedoch in zwei Stufen geschaltet wird - für Elektroautos ein Novum. Die US-Firma Tesla ist einst an einem Zweigang-Getriebe gescheitert, Porsche gewährleistet mit dem Aggregat überlegene Beschleunigung bei niedrigen Geschwindigkeiten und gleichzeitig Effizienz und eine hohe Dauergeschwindigkeit.
Die Motorleistung liegt in beiden Versionen bei 625 PS, die Spitzenleistung differiert allerdings: Wer im Launch-Control-Modus startet, kann beim Turbo 680 PS und 850 Nm Drehmoment abrufen; beim Turbo S liegt die Leistung dann bei geradezu unglaublichen 761 PS, das maximal abrufbare Drehmoment liegt hier bei 1050 Newtonmeter (Nm). Damit sprintet der Turbo in 3,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h und in 10,6 von 0 auf 200 km/h; beim Turbo S liegen die Werte bei 2,8 respektive 9,8 Sekunden.
Im normalen Fahrbetrieb ist die abrufbare Leistung allerdings identisch, und so empfiehlt sich der Schritt zum Turbo S eigentlich nur dann, wenn man seine Freizeit mit Dragster-Rennen verbringt. Dies gilt um so mehr als die Spitzengeschwindigkeit identisch ist: Während Porsche etwa beim Panamera die Abregelstrategie im Sinne einer ausgeklügelten Hierarchie einsetzt, ist beim Taycan in beiden Varianten bei exakt 260 km/h Schluss.
Die eindrucksvollen Beschleunigungswerte werden noch übertroffen vom subjektiven Fahrerlebnis. Beim leisesten Zucken des Fahrpedals reagiert der Taycan blitzartig. Im unteren Geschwindigkeitsbereich überzeugt die schiere Gewalt der Beschleunigung, bei höherem Tempo ist es immer noch die Spontaneität der Reaktion, die ihn von ähnlich starken Modellen mit klassischem Verbrenner abhebt.
Porsche hat den Taycan nicht nur ausgiebig auf der Nürburgring-Nordschleife getestet, sondern betont auch, dass die maximale Beschleunigung mindestens zehnmal nacheinander abgerufen werden kann. Es handelt sich dabei um einen Seitenhieb auf Tesla, der die Amerikaner schmerzen muss. Denn der betagte Model S ist bekannt dafür, bereits nach wenigen Beschleunigungsvorgängen wegen Überhitzung schlapp zu machen.
Untermalt wird das Beschleunigungserlebnis von einem elektrischen Röhren, das einem Science-Fiction-Streifen zu entstammen scheint - jedenfalls dann, wenn bei der Bestellung die Option "Electric Sport Sound" gewählt wurde. Auch in der Aufpreispolitik ist der Taycan eben ein echter Porsche. Unter 152 136 Euro läuft nichts, der Turbo S kostet sogar 185 486 Euro.
|