Donnerstag, 15. Juli 2010 Opel machte Kombiversionen in Europa populär
Das Caravan-Konzept überzeugte auch immer mehr Nichthandwerker und Opel stellte sicher, dass zu jeder neuen Opel-Limousine auch eine attraktive Kombi-Variante angeboten wurde.
Die bevorstehende Premiere des neuen kompakten Opel-Kombis, des Astra Sports Tourer, ist eine gute Gelegenheit, an die Sensation zu erinnern, die Opel mit der Markteinführung des Olympia Rekord Caravan im Jahr 1953 gelang: ein erfolgreicher Kombiwagen, der es seinen Besitzern ermöglichte, dasselbe Auto beruflich wie privat flexibel einzusetzen. Für nahezu sechzig Jahre sind Opel-Kombis erfolgreich in Europa, gerade im Kompaktsegement waren Kadett und Astra ständig die Spitzenreiter. Seit Beginn der Automobilgeschichte herrschte eine klare Trennung zwischen Liefer- und Personenwagen: Lieferwagen hatten ausschließlich Waren und sperrige Güter zu transportieren, Personenwagen hingegen mussten den Insassen größtmöglichen Komfort und Platz bieten. Die meisten der heute selbstverständlichen täglichen Fahrten, die den Einsatz eines Kombis erfordern, gab es damals gar nicht: Die wöchentliche Einkaufsfahrt zum Supermarkt oder der Kurzurlaub mit Surfbrett waren noch kein Thema.
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Als der kleine US-amerikanische Autohersteller Hudson den neuen Terraplane Station Wagon 1936 vorstellte, ahnten die wenigsten, dass dieses neuartige Fahrzeug die Art und Weise des Reisens verändern würde – sei es im Urlaub, auf Geschäftsreisen oder einfach zum Transport der Familie. Zur damaligen Zeit galt der Terraplane als einer von vielen Design-Versuchen, die Proportionen einer Limousine und eines Lieferwagens miteinander zu kombinieren. Dennoch war der Terraplane mit seiner holzbeplankten Karosserie und der großen Hecktür die erste kompromisslose Umsetzung des Kombi-Konzepts und der erste in Großserie produzierte Kombi. Allerdings dauerte es bis nach dem Zweiten Weltkrieg, ehe sich die Idee auf dem Markt durchsetzen konnte – bis dahin gab es keinen Bedarf für geräumige, vielfältig einsetzbare Fahrzeuge. Dies änderte sich Mitte der 1940er Jahre mit dem Aufkommen der Mittelschicht, die vor allem aus unabhängigen Handelsvertretern, Verkaufsrepräsentanten und Handwerkern bestand, die für ihre beruflichen Zwecke ein Fahrzeug benötigten, sich aber kein weiteres Auto für die Familie leisten konnten. Alle großen US-Autohersteller begannen mit dem Verkauf von Kombis, ließen die Karosserien jedoch bei kleineren Zulieferern herstellen, weil sich für die vergleichsweise geringen Stückzahlen die zeitaufwendige Kleinserienfertigung nicht lohnte. Als die Nachfrage nach den vielseitigen Fahrzeugen stetig stieg, gingen die US-Großserienhersteller dazu über, die Kombis in Ganzstahl-Bauweise in den eigenen Werken zu produzieren – oft beplankt mit Holzpaneel-Imitationen, die dafür sorgten, dass sich die Kombis optisch von reinen Lieferwagen abhoben.
In Europa begannen mit dem Bau selbstragender Karosserien die Grenzen zwischen Lieferwagen und Personenwagen zu verwischen – allerdings erst mit dem einsetzenden Wirtschaftswunder der 1950er Jahre.
Wie schon einige Jahre zuvor in den USA entstand mit der aufkommenden Mittelklasse sowie einem Babyboom der Bedarf für eine neue Art von Auto. Kombis boten die perfekte Lösung, denn sie dienten während der Woche als Lastesel, am Wochenende dagegen als Familienauto. Opel erkannte als erster deutscher Autohersteller diesen Trend und bot ein entsprechend flexibles Auto an.
Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung 1953 in Frankfurt stellte Opel den ersten echten Kombi Europas vor: den Olympia Rekord, dessen kastenförmiges Heck mit Seitenfenstern ausgestattet war und der gemeinsam mit der Limousine präsentiert wurde. Beide Versionen verfügten über eine Ponton-Karosserie und das charakteristische Haifischmaul. Die attraktive Kombi-Variante prägte eine Typbezeichnung, die als Synonym für eine komplette Fahrzeuggattung in die Automobilgeschichte eingehen sollte: „Caravan“. Die Wortschöpfung aus Auto („car“) und Lieferwagen („van“) soll der Legende zufolge aus der erstaunten Frage „This car is a van?“ hervorgegangen sein.
Im Gegensatz zu den bis dahin kastenförmigen Lieferwagen war der Opel Olympia Rekord Caravan Jahrgang 1953 für damalige Verhältnisse geradezu extravagant. „Mit wenigen Handgriffen“, so die Opel-Werbung, „und ohne großen Kraftaufwand sind die Rücksitze umgeklappt – aus dem eleganten, gesellschaftsfähigen Opel Caravan ist ein Transporter von hohem Gebrauchswert und echter Wirtschaftlichkeit geworden.“
Der Opel Olympia Rekord Caravan war von Beginn an ein Erfolg und verschaffte dem Kombi soziale Akzeptanz, indem er die Vorteile einer komfortablen Limousine mit denen eines für gewöhnlich spartanischen, aber geräumigen Lieferwagens kombinierte. Die Menschen in Deutschland nannten diese neue Karosserieform „Caravan“ oder „Kombi“ – als Abkürzung von Kombinationskraftwagen, einem Auto, das die Eigenschaften zweier Fahrzeuggattungen vereint. Heutzutage würden die Marketingexperten solche Mobile als „flexible Crossover“ bezeichnen.
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