Dienstag, 29. März 2016 Sitzentwicklung bei Opel – aus Erfahrung gut
Roboter getestet: Premium- und Ergonomie-Sitze für Astra, Insignia, Meriva und Co.
Bernd, Werner, Oliver und Marius sind mit Feuereifer bei der Sache: Immer wieder reiben sie über die Seitenwange des Sitzes unter ihnen, tun so, als würden sie ein- und aussteigen und dabei kräftig über das Leder schubbern. Ein bisschen stur und unnachgiebig, aber mit voller Hingabe. Bernd, Werner und Co. sind Prüfroboter im Versuchslabor des Internationalen Technischen Entwicklungszentrums (ITEZ) von Opel in Rüsselsheim. Genau genommen bestehen sie aus einem Reibsattel mit einer jeansähnlichen Oberfläche und einer Schaumstoffschicht, die das menschliche Gesäss und die Oberschenkel simuliert. „Für uns sind das nicht nur Roboter, sondern vollwertige Teammitglieder, die eine wichtige Arbeit leisten, deshalb hat jeder einen Namen“, erklärt Andrew Leuchtmann, Senior Manager GME Interiors.
|
Bis zu 50‘000 solcher Ein- und Aussteig-Zyklen stellt das Roboter-Team nach – das entspricht einem ganzen Autoleben in nur einer Woche. Sowohl die Premium- und Ergonomie-Sitze, die einmal das Gütesiegel von den Experten der Aktion Gesunder Rücken e.V. (AGR) erhalten sollen, als auch die serienmässig integrierten Komfortsitze müssen diese Tortur über sich ergehen lassen. Nach dem Test können die Ingenieure an der Gewebestruktur erkennen, ob das Gestühl künftig sämtlichen Belastungen standhalten wird. „Die Farbe ist meistens weg und die Oberfläche angekratzt, das wichtigste aber ist, dass der Schaum darunter hält und die Textilstruktur stabil bleibt“, sagt Sitzexperte Leuchtmann. Wenn nicht, heisst es nachrüsten, schliesslich sollen die Premium- und Ergonomie-Sitze, die Opel für Fahrer und Beifahrer anbietet, mit Sicherheit ein ganzes Autoleben durchhalten. Ob im Kompakt-SUV Mokka, im Mittelklasse-Cabrio Cascada oder im Meriva, Zafira Tourer, Astra und Insignia. „Hier kommt uns natürlich auch unsere grosse Erfahrung zugute“, meint Leuchtmann. Immerhin kann der Rüsselsheimer Automobilhersteller auf gut 117 Jahre Sitztradition zurückblicken. Der Siegeszug des ergonomisch wertvollen Sitzens begann 2003 mit dem ersten AGR-Gütesiegel für den Opel Signum und setzte sich 2008 mit dem Opel-Flaggschiff Insignia fort. Eine Offensive für gesundes Sitzen zu erschwinglichen Preisen. Gerade Langstrecken- und Dienstwagenfahrer sind dafür dankbar, denn aufgrund zahlreicher Einstellfunktionen sind die Premium- und Ergonomie-Sitze mit AGR-Zertifikat im Insignia für jeden Autofahrer optimal justierbar, so dass dieser auch nach stundenlanger Fahrt ausgeruht und beschwerdefrei aussteigt. Seither hat sich Opel die Demokratisierung des guten Sitzens auf die Fahnen geschrieben und ist der führende Volumenhersteller in Bezug auf Ergonomie-Sitze mit AGR-Gütesiegel.
Die neue Leichtigkeit des Sitzens im Astra Sports Tourer
Die Struktur ist das wichtigste Bauteil des Sitzes. Sie sorgt für die Sicherheit der Insassen und hält sie bei einem Aufprall in der richtigen Position, ist aber zugleich auch meist für das hohe Gewicht verantwortlich. Nicht so beim neuen Astra Sports Tourer, wo dank ultra-hochfester Stähle die Sitze um zehn Kilo abgespeckt haben. Mit Hilfe einer Computer-Simulation finden die Ingenieure noch vor dem ersten Prototypenbau heraus, wie weit sie mit dem Leichtbau gehen können. Dunklere Farben zeigen ihnen die Spannungsspitzen im Material, an denen es zu einem Bruch kommen kann. „Wir sind beim Astra Sports Tourer wirklich an die Grenze des Machbaren gegangen und haben viel experimentiert“, sagt Leuchtmann. Unter anderem seien zahlreiche Schweissversuche nötig gewesen. „Wenn das Material zu dünn ist, kann man nicht mehr schweissen, wir bewegen uns also auf einem sehr schmalen Grat“, erklärt der Entwickler.
Sind die ersten Prototypen gebaut und Stoffe oder Leder für die Bezüge ausgewählt, können Werner und Kollegen mit ihrer Arbeit beginnen. Zuvor berechnet das Team, wie stark die Roboter den Probanden tatsächlich belasten müssen. Dazu wird ein Expertenteam bestehend aus Männern und Frauen unterschiedlicher Grösse und Statur gebeten, Platz zu nehmen. Unter ihnen liegt dann eine Druckmatte, die Belastungsspitzen misst, etwa dort, wo die Sitzhöcker aufkommen. „Wir testen das mit Prototypen im realen Auto“, erläutert Leuchtmann. „Schliesslich ist beispielsweise der Meriva-Sitz von Natur aus höher, und man steigt anders ein als in den neuen Astra Sports Tourer, wo wir den Sitz tiefer positioniert haben.“ Auch auf einem Premium- oder Ergonomie-Sitz lässt sich der Tester anders nieder. Wegen der besonders guten Seitenführung sind hier die Seitenwangen höher und werden daher stärker belastet. Aus den so ermittelten Werten ergibt sich eine Durchschnittskalkulation der Belastung, aufgrund der Werner und Co. nun programmiert werden können.
|